Donnerstag, 23. Februar 2012

Gauck: die Offenbarung des kleinen Philipp


der zukünftige Bundespräsident und die Ordnung im Leben

Da hat es der Koalitionszwerg Rösler der übermächtigen Kanzlerriesin Merkel aber gegeben. Ein   Konservativliberaler wurde gegen eine Konservative durchgesetzt, welch ein Triumph des Führers der unter dem Teppich-Prozent-Partei. Aber es gibt immer jemanden, der noch konservativer ist. Die SPD beispielsweise oder die Grünen, für alle ist der eitle Pfarrer aus dem Osten geradezu ein Traumkandidat, Heiligsprechung inbegriffen.

Nein, ich habe nichts an der Person Gauck als Bundespräsident auszusetzen. Jedenfalls reicht es für eine Ablehnung meinerseits nicht aus, dass ich mit großer Wahrscheinlichkeit viele Aspekte seiner Meinung, zumindest so, wie sie bislang medial rübergekommen ist, nicht teilen werde. Auch die Tatsache, dass mich Vorschusslorbeeren oder die Angewohnheit der politischen Klasse, prominente und in jedem System privilegierte Menschen, die sich möglicherweise halbwegs anständig verhalten haben, zu Freiheitskämpfern und Verfolgten mit besonderem politischen Talent zu erklären, macht mich immer misstrauisch. Aber auch dieses Misstrauen ist für mich kein Grund, einen Kandidaten für das Präsidentenamt von vornherein abzulehnen.

Ein Präsident ohne Lady!

Wenn man sich einmal die inner- und parteipolitischen Machtkämpfe um den Posten des Bundespräsidenten, die unterhaltungsmedialen Sprücheklopfereien wie „Präsident der Herzen“, oder andere Gefühlsduseleien mal wegdenkt, spricht bei genauerer Betrachtung der Person eigentlich kaum wirklich etwas gegen aber auch kaum etwas Greifbares für Gauck. Im Klartext heißt das, man wird sehen, wie er sich als Bundespräsident tatsächlich gibt.
Aber Halt! Da gibt es dann doch einen ganz entscheidenden Einwurf, der die ganze Gauck-Geschichte in einem völlig neuen Licht erscheinen lässt. Der Pfarrer aus dem Osten führt seit Jahren religiös-moralisch betrachtet ein Lotterleben. Er ist nicht geschieden, und lebt mit einer anderen Partnerin zusammen. Ohne Heirat gibt es aber keine First Lady, und ohne First Lady keinen Präsidentenjob – so viel ist doch hoffentlich mal, klar!

Nach Papst sind wir nun endlich auch protestantischer Pope

Welch schrecklicher Gedanke, dass als First Lady einfach nur die Lebenspartnerin auftauchen könnte - und das bei einem Pfarrer. Gut, sollte einmal Wowereit mit seinem Lebenspartner im Schloss Bellevue einziehen – das vereinigte christliche Gewissen unserer verfassungsmäßig säkularen Gesellschaft möge dies verhindern – steht die Welt ohnehin moralisch am Abgrund und der Teufel hat das Regiment übernommen.
Eigentlich wäre der Einwurf eines unbedeutenden CSUlers hinsichtlich Gaucks Lebenswandel einfach nur lächerlich, würde sich dadurch nicht am Ende das Vermächtnis des kleinen Philipp offenbaren. Denn schon machen sich die Medien wieder daran, dieses Telenovela-Thema in aller Breite aufzugreifen und im Sinne politischer Unterhaltungskultur auszuschlachten. Und nun wird auch noch, nachdem  wir schon Papst geworden sind, im öffentlichen Verständnis das höchste politische Amt unserer Republik durch einen protestantischen Pfarrer und nicht etwa durch einen Bürger ausgeübt.

Das Amt des Bundespräsidenten und die politische Geistlichkeit

Ohne es konkret belegen zu können, bin ich der Überzeugung, dass es vor allem jene christlich-moralisch motivierten Menschen sind, die Wulffs politische Verfehlungen – nach dem Motto „der werfe den ersten Stein“ - als zu vergebende menschliche Schwächen verteidigt haben, die nun die Ordnung im derzeit unmoralischen Lotterleben des Pfarrers im Präsidentenamt fordern. Interessant wäre es natürlich auch, zu wissen, wie der geistliche Wulffbeistand, Pfarrer Hinze die persönliche Lebensführung seines Berufskollegen einschätzt. Und hat eigentlich schon die oberste Pfarrerstochter ihrem diesbezüglichen moralischen Selbstverständnis Ausdruck gegeben?
Sollte es bei dieser religiös-moralischen Politikentwicklung bleiben, könnte sich mit Gauck endlich ein echtes Gegengewicht zu den fundamentalislamischen Staaten entwickeln, in denen die politische Macht ja ebenfalls durch Geistliche ausgeübt wird.
Nein – für alle, die einer subtilen Ironie nicht zugänglich sind -  es ist kein Problem, dass ein Pfarrer in einem demokratisch verfassten Staat Bundespräsident wird. Das Problem entsteht, wenn ein Bundespräsident in seinem Selbst- und im öffentlichen Verständnis Pfarrer bleibt und daraus seine moralische Integrität, amtliche Legitimation und sein politischer Einfluss abgeleitet wird.

Was der große Guido nicht geschafft hat, könnte der kleine Philipp vollbringen

Ich bin sicher, zum Thema „Darf ein verheirateter Bundespräsident in wilder Ehe leben?“ mit dem unverzichtbaren Zusatz natürlich „wie stark wird dadurch das Amt beschädigt“, wird es demnächst mehrere Talkshows geben. Vielleicht gelingt es dabei ja endlich mal, unter abendländisch-christlichen Kulturaspekten festzulegen, ob und wie lange ein Bundespräsident verheiratet (selbstverständlich  gilt hier nur die kirchliche Trauung) sein, wieviel Kinder (selbstverständlich nur aus einer Ehe!) er produziert haben muss, dass er auf keinen Fall Atheist oder gar schwul sein darf, welche Berufe außer Pfarrer, Rechtsanwalt und Hochschulprofessor (möglichst theologische Fakultät) am Liebsten gesehen und welche religiös-moralischen Vorgaben (Mindestanzahl monatlicher Kirchenbesuche etc.) von einem Bundespräsidenten noch zu erfüllen sind. Und wenn das alles geklärt ist, dann hat der kleine Philipp das erreicht, woran die FDP spätestens seit Westerwelle verbissen arbeitet: eine moralinsaure protestantisch-liberale exklusive Bürgerdemokratie, die sich um die freiheitlichen Vorgaben unserer Verfassung endlich nicht mehr scheren muss.

Mit pope-lären Grüßen

Ihr

Wolfgang Schwerdt

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