der zukünftige
Bundespräsident und die Ordnung im Leben
Da hat es der Koalitionszwerg Rösler der übermächtigen
Kanzlerriesin Merkel aber gegeben. Ein Konservativliberaler
wurde gegen eine Konservative durchgesetzt, welch ein Triumph des Führers der
unter dem Teppich-Prozent-Partei. Aber es gibt immer jemanden, der noch konservativer
ist. Die SPD beispielsweise oder die Grünen, für alle ist der eitle Pfarrer aus
dem Osten geradezu ein Traumkandidat, Heiligsprechung inbegriffen.
Nein, ich
habe nichts an der Person Gauck als Bundespräsident auszusetzen. Jedenfalls reicht
es für eine Ablehnung meinerseits nicht aus, dass ich mit großer
Wahrscheinlichkeit viele Aspekte seiner Meinung, zumindest so, wie sie bislang medial
rübergekommen ist, nicht teilen werde. Auch die Tatsache, dass mich
Vorschusslorbeeren oder die Angewohnheit der politischen Klasse, prominente und
in jedem System privilegierte Menschen, die sich möglicherweise halbwegs
anständig verhalten haben, zu Freiheitskämpfern und Verfolgten mit besonderem
politischen Talent zu erklären, macht mich immer misstrauisch. Aber auch dieses
Misstrauen ist für mich kein Grund, einen Kandidaten für das Präsidentenamt von
vornherein abzulehnen.
Ein Präsident ohne Lady!
Wenn man
sich einmal die inner- und parteipolitischen Machtkämpfe um den Posten des
Bundespräsidenten, die unterhaltungsmedialen Sprücheklopfereien wie „Präsident
der Herzen“, oder andere Gefühlsduseleien mal wegdenkt, spricht bei genauerer
Betrachtung der Person eigentlich kaum wirklich etwas gegen aber auch kaum
etwas Greifbares für Gauck. Im Klartext heißt das, man wird sehen, wie er sich
als Bundespräsident tatsächlich gibt.
Aber Halt!
Da gibt es dann doch einen ganz entscheidenden Einwurf, der die ganze
Gauck-Geschichte in einem völlig neuen Licht erscheinen lässt. Der Pfarrer aus
dem Osten führt seit Jahren religiös-moralisch betrachtet ein Lotterleben. Er
ist nicht geschieden, und lebt mit einer anderen Partnerin zusammen. Ohne
Heirat gibt es aber keine First Lady, und ohne First Lady keinen Präsidentenjob
– so viel ist doch hoffentlich mal, klar!
Nach Papst sind wir nun endlich auch protestantischer
Pope
Welch
schrecklicher Gedanke, dass als First Lady einfach nur die Lebenspartnerin
auftauchen könnte - und das bei einem Pfarrer. Gut, sollte einmal Wowereit mit
seinem Lebenspartner im Schloss Bellevue einziehen – das vereinigte christliche
Gewissen unserer verfassungsmäßig säkularen Gesellschaft möge dies verhindern –
steht die Welt ohnehin moralisch am Abgrund und der Teufel hat das Regiment übernommen.
Eigentlich
wäre der Einwurf eines unbedeutenden CSUlers hinsichtlich Gaucks Lebenswandel
einfach nur lächerlich, würde sich dadurch nicht am Ende das Vermächtnis des
kleinen Philipp offenbaren. Denn schon machen sich die Medien wieder daran,
dieses Telenovela-Thema in aller Breite aufzugreifen und im Sinne politischer
Unterhaltungskultur auszuschlachten. Und nun wird auch noch, nachdem wir schon Papst geworden sind, im öffentlichen
Verständnis das höchste politische Amt unserer Republik durch einen
protestantischen Pfarrer und nicht etwa durch einen Bürger ausgeübt.
Das Amt des Bundespräsidenten und die politische
Geistlichkeit
Ohne es
konkret belegen zu können, bin ich der Überzeugung, dass es vor allem jene christlich-moralisch
motivierten Menschen sind, die Wulffs politische Verfehlungen – nach dem Motto „der
werfe den ersten Stein“ - als zu vergebende menschliche Schwächen verteidigt
haben, die nun die Ordnung im derzeit unmoralischen Lotterleben des Pfarrers im
Präsidentenamt fordern. Interessant wäre es natürlich auch, zu wissen, wie der
geistliche Wulffbeistand, Pfarrer Hinze die persönliche Lebensführung seines
Berufskollegen einschätzt. Und hat eigentlich schon die oberste Pfarrerstochter
ihrem diesbezüglichen moralischen Selbstverständnis Ausdruck gegeben?
Sollte es
bei dieser religiös-moralischen Politikentwicklung bleiben, könnte sich mit
Gauck endlich ein echtes Gegengewicht zu den fundamentalislamischen Staaten
entwickeln, in denen die politische Macht ja ebenfalls durch Geistliche
ausgeübt wird.
Nein – für alle,
die einer subtilen Ironie nicht zugänglich sind - es ist kein Problem, dass ein Pfarrer in einem
demokratisch verfassten Staat Bundespräsident wird. Das Problem entsteht, wenn
ein Bundespräsident in seinem Selbst- und im öffentlichen Verständnis Pfarrer bleibt
und daraus seine moralische Integrität, amtliche Legitimation und sein politischer
Einfluss abgeleitet wird.
Was der große Guido nicht geschafft hat,
könnte der kleine Philipp vollbringen
Ich bin
sicher, zum Thema „Darf ein verheirateter Bundespräsident in wilder Ehe leben?“
mit dem unverzichtbaren Zusatz natürlich „wie stark wird dadurch das Amt
beschädigt“, wird es demnächst mehrere Talkshows geben. Vielleicht gelingt es
dabei ja endlich mal, unter abendländisch-christlichen Kulturaspekten
festzulegen, ob und wie lange ein Bundespräsident verheiratet (selbstverständlich gilt hier nur die kirchliche Trauung) sein,
wieviel Kinder (selbstverständlich nur aus einer Ehe!) er produziert haben
muss, dass er auf keinen Fall Atheist oder gar schwul sein darf, welche Berufe
außer Pfarrer, Rechtsanwalt und Hochschulprofessor (möglichst theologische Fakultät)
am Liebsten gesehen und welche religiös-moralischen Vorgaben (Mindestanzahl monatlicher
Kirchenbesuche etc.) von einem Bundespräsidenten noch zu erfüllen sind. Und
wenn das alles geklärt ist, dann hat der kleine Philipp das erreicht, woran die
FDP spätestens seit Westerwelle verbissen arbeitet: eine moralinsaure protestantisch-liberale
exklusive Bürgerdemokratie, die sich um die freiheitlichen Vorgaben unserer
Verfassung endlich nicht mehr scheren muss.
Mit pope-lären
Grüßen
Ihr
Wolfgang
Schwerdt
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