Dienstag, 20. Dezember 2011

Wulff, Guttenberg & Co - Die Gefälligkeitsdemokratie

"Unsere" Politiker und die netten Leute von Nebenan

Um es gleich vorweg zu nehmen, an einem Privatkredit ist nichts ehrenrühriges. Auch nicht am Urlaub bei Freunden. Und selbstverständlich würde niemand in "unserem" Land einen Job ablehnen, nur weil er dafür eigentlich nicht kompetent ist. Und klar doch, wer von uns hat nicht schon mal für einen Freund zum Wahlkampf dessen Bücher durch Anzeigen promotet, seine Freunde auf Delegationsreise mitgenommen, den einen oder anderen Kumpel zum vom Arbeitgeber finanzierten Empfang eingeladen. Und warum sollte eigentlich etwas dabei sein, sich von Freunden zur kostenlosen Teilnahme an ganz besonderen, nur ausgewählten Gästen zugänglichen, steuerfinanzierten politischen oder kulturellen Ereignissen einladen zu lassen. Machen wir doch alle.

Und wie heißt es so schön? Guten Freunden gibt man eben ein Küsschen, oder zwei, oder drei. Und Freundschaft ist ein hohes Gut, das hat schon Altbundeskanzler Kohl bei der Schwarzgeldaffäre - welch schändliche Bezeichnung für wahre Freundschaft - unter Beweis gestellt. Und er hat auch deutlich gemacht, dass wahre Freundschaft etwas Gegenseitiges, etwas nicht Verhandelbares ist. Hilfts du mir, helf ich dir, das ist die Grundlage jeder Gesellschaft, jeden sozialen Zusammenhalts, jedes sozialen Netzwerks, ob nun privat, geschäftlich oder politisch. Freundschaft, gegenseitiges Geben und Nehmen, das bedeutet nicht nur soziale Kompetenz, das zeichnet im höchsten Maße auch politisches Talent aus.

Nicht kritisieren, besser machen!


Und seien wir doch mal ehrlich: wer dieses Verhalten nicht beherrscht ist eben asozial, gehört zu den römisch-dekadenten Hartz-IV-Saufbrüdern. Statt ihre Freunde mit auf steuerfinanzierte Geschäftsreise nach China zu nehmen, oder in Not geratenen Saufkumpanen zinsgünstige Privatkredite zur Einrichtung einer Eckkneipe zu gewähren, verprassen die Asozialen mit Wein, Weib und Gesang die von den verantwortungsvollen sozialen politisch-ökonomischen Freundesnetzwerken mühsam zusammengerafften Steuergelder.

Wulff muss bleiben und Kohl für Heiligsprechung vorschlagen
!

Ich finde, im Interesse des höchsten Amtes dieser Republik, aus Respekt vor der Privatspäre unserer unermüdlich sozial netzwerkenden Volksvetreter, sollte endlich Schluss sein, mit dieser unerträglichen Menschenjagd, die nur aus Neid und der Gier jener geboren ist, die auf Kosten der Gesellschaft ihren persönlichen Vorteil suchen. Und der Demokratie und erst recht der politischen Stabilität im Lande täte es ebenfalls gut, wahre Freundschaft als das zu betrachten, was sie ist: Die Grundlage aller politischen Entscheidungen und des damit verbundenen Aufschwungs und Wachstums von Wirtschaft und Finanzindustrie. Schließlich wollen wir doch, dass es vor allem jenen, die Deutschland und "wir" als Synonym verwenden, gut geht. Denn dann geht es auch dem Land gut. Die anderen haben in "unserer" Demokratie ohnehin nichts verloren.

Mit freundschaftlichen Grüßen

Ihr

Wolfgang Schwerdt

PS: Wer meine Bücher, allen voran in diesem Zusammenhang natürlich die "Alien-Connection" mit einer social-networkenden "Anzeigenkampagne" promoted, darf sich gerne "mein Freund" nennen (und das bleibt natürlich rein privat) ;-)) - dafür verzichte ich auch gerne auf Küsschen.

Donnerstag, 24. November 2011

Chinesisches Google-Bärchen vernichtet deutschsprachige Online-Plattform aus Kanada

Guttenberg setzt sich für Rettung deutscher suite101-Tochter ein
 

Zwei Hammermeldungen sorgten in den vergangenen Tagen für Hurrikans im Mediendschungel. Das kanadische Online-Magazin Suite101  kündigt redaktionelle Änderungen in Europa an und zu Guttenberg weilte zeitgleich im kanadischen Halifax und kündigte seinerseits seine mögliche Rückkehr in die deutsche Politik an. Zunächst konnte man keinen Zusammenhang zwischen diesen weltbewegenden Ereignissen erkennen, aber inzwischen kristallisiert er sich immer deutlicher heraus.

Denn das, was da der suite101-Geschäftsführer Berger so harmlos mit „Redaktionellen Änderungen in Europa“ beschreibt, hat erhebliche Konsequenzen für die deutsche Wirtschaft. Zwölf Redakteure verlieren ihren Job und das ist nur die Spitze des Eisbergs. Rund 3000 Autoren sind nun mehr oder weniger sich selbst überlassen und können zu sinkenden oder gar keinen Tantiemen ihre Artikel veröffentlichen. Denn die deutsche suite101 wird ab sofort, wie Berger verkündet, nicht mehr weiterentwickelt. Das innovative Augenmerk konzentriert sich ab sofort auf die englischsprachigen Portale, das Kerngeschäft, den Ursprung des Unternehmens. Hier, so der Geschäftsführer, der nun zeitgleich mit der unternehmerischen Aufgabe der deutschen Tochter, das Gesamtunternehmen verlässt, werde zukünftig daran gearbeitet, sich von der Dominanz Googles zu lösen und eine Entwicklung voranzutreiben, bei der es „mehr als bisher auch um die langfristige Bindung von Lesern gehen wird.“

Klare Zusage, der Autorenanteil von zukünftig Nichts wird nicht gekürzt


Gerade die von verschiedener Seite seit langem bemängelte Bindung des wirtschaftlichen suite101-Erfolgs an Google und die Vernachlässigung der Entwicklung einer Qualitätsmarke, die direkte Leseranbindung bedeuten würde, ist es aber, die nun, nach zwei Umstellungen des Suchverhaltens von Google (namens Panda) zu drastischen Einbußen bei Leserzahlen und damit Werbeerlösen geführt hat. Und das wiederum bedeutet im unternehmerischen Verständnis des kanadischen Geschäftsführers folgendes: „. . . . erwirtschafteten nun alle europäischen Seiten trotz noch im Sommer durchgeführter Sparmaßnahmen Verluste . . . . und müssen entsprechend unser redaktionelles Modell in Europa der wirtschaftlichen Lage anpassen.“
Aber der für seine Versprechen später nicht mehr verantwortlich zu machende Berger, der das Unternehmen ja aus persönlichen Gründen verlässt, gibt den europäischen Autoren, die auch ihm in der Vergangenheit erhebliche Gewinne eingeschrieben haben, noch einen mächtigen Trost mit auf den Weg: „Wir stehen zu unserem Versprechen, Autoren zeitlich unbefristet an erzielten Erlösen zu beteiligen.“ Wirklich beruhigend klingt das vor dem Hintergrund der Tatsache, dass dem ständigen Rückgang der europäischen Werbeumsätze keine Maßnahmen im Sinne dringend erforderlicher Investitionen, sondern schlichtweg die redaktionelle Aufgabe entgegengesetzt werden, nicht gerade.

Einen neuen (alten) Helden braucht das Land

Wem fällt da nicht sofort die Parallele zu Opel ein, Damals wurde von den Amerikanern das Unternehmen wirtschaftlich vor die Wand gespart. Die Folge: keine Investitionen zur Neuorientierung der deutschen Tochter und Konzentration auf die Konsolidierung des Mutterkonzerns. Und damals war es auch zu Guttenberg, der nach Amerika reiste, um das drohende Unheil von den armen Opelanern abzuwenden. Und heute findet man den Wirtschafts- und Publizistikfachmann (scheinbar zufällig) in Kanada wieder, mit der tröstlichen Perspektive, nebenbei nicht nur einen neuen Doktor zu bauen, mal schnell ein Buch in die Spiegel- und Bild-Bestsellerlisten pumpen zu lassen und sein politisches Comeback vorzubereiten. Die Rettung von suite101.de – auf ein paar Millionen sollte es da doch wirklich nicht ankommen - wäre natürlich ein mächtiger Paukenschlag, mit der der talentierte Superpolitiker seine triumphale Rückkehr mit Doktor und Moneten feiern könnte. Der Zusammenhang zwischen den beiden Ereignissen liegt also auf der Hand, denn ein Schaumschläger kommt eben selten allein. Vielleicht hat Berger ja auch eine ganz neue Perspektive für sich entdeckt. Es gibt zwar keinerlei Beweis für ein Zusammentreffen der beiden talentierten Persönlichkeiten, aber passen würde es schon.

Mit verschwörerischen Grüßen

Ihr

Wolfgang Schwerdt


Ach ja, und sollte jemand tatsächlich nicht wissen, worum es hier eigentlich geht, einfach mal hier schauen
Suite101.de und der tolle suite101.de Blog mit original Berger und nochmal Berger an die Autoren der kanadischen Mutterseite



Sonntag, 2. Oktober 2011

Die Inflation der Werte

oder der Wert der Schulden

Ach was waren das noch für Zeiten, als man für „Wertschöpfung“ und Mehrwert“ noch so richtig arbeiten musste, als man noch darüber nachdachte und engagiert darüber diskutierte, wie Werte eigentlich entstehen. Ich will hier gar nicht auf so etwas exotisches wie moralische oder ideelle Werte abheben, nein, ich trauere ein wenig den guten alten ökonomischen Werten nach.

Wieso, werden sie sich, lieber Leser, fragen, fordert der Gastkommentator in einer Welt, in der nur noch die Ökonomie zu zählen scheint ausgerechnet den ökonomischen und nicht den moralischen Werten nach? Ganz einfach: das, was einmal ökonomisch als Wert galt, ist aus unserer Welt längst völlig verschwunden.
Das hatte bereits mit der Einführung der sogenannten Mehrwertsteuer begonnen, bei der angenommen wurde, dass jeder Warenumsatz, ja selbst das Anbringen eines Preisschilds an einer Ware aus sich heraus einen Wert generiert, der  vom Staat abgeschöpft  werden kann, um den Banken wenigstens einen Teil der Zinseszinsen seiner durch eben diese Zinseszinsen verursachten Verschuldung in den Rachen zu werfen. Die Schlussfolgerung: Je öfter ein und dieselbe Ware über Großhandel, Zwischenhandel, Einzelhandel umgeschlagen wird, desto mehr ist sie wert. Dass das Prinzip nicht funktioniert, hatte man im 19. Jahrhundert schon einmal begriffen, als die kleinstaatlichen Zollgrenzen abgeschafft wurden. Damals waren sich die Ökonomen aber auch weitgehend einig, dass nur auf die gesellschaftlichen Bedürfnisse abgestimmte Tätigkeiten und Produkte werthaltig sind und über Angebot und Nachfrage Preise generieren, die sich über den Tausch in einem Geldäquivalent ausdrücken lassen.

Das systemrelevante schwarze Loch

Und heute? Rotzfrech erklärt die Finanzwirtschaft, dass das Geld inzwischen einen eigenen Wert entwickelt habe – einfach so. Und die Politik und die Wissenschaft werden nicht müde, dies mit verschwurbelten Argumenten auch noch zu untermauern. Geld sei zwar nicht mehr an die materielle Produktion gebunden und könne auch über einen eigenen, immateriellen Markt vermehrt werden, garantiere aber trotzdem Eigentumsansprüche an materielle Güter und eben Werte mit deren Entstehung es nie zu tun hatte. Geld vermehrt sich heute über Zinsen, deren Höhe sich nach dem vermeintlichen Risiko einer beliebigen, auch virtuellen Unternehmung richtet und nicht mehr nach einem Anteil an der realistisch zu erwartenden Rendite der Realwirtschaft. Und über das Instrument des Zinseszinses saugt die sogenannte Finanzwirtschaft ohne jeden Bezug zur Realwirtschaft sämtliche materiellen Werte der Gesellschaft wie ein schwarzes Loch in sich auf. Und was sich bis vor kurzem noch niemand vorstellen konnte (oder wollte): inzwischen verschlingt die „Finanzwirtschaft“ ganze Staaten. Mit Griechenland hat es angefangen, ganz Europa wird folgen.

Der neue Liberalismus: Wertfreiheit statt Freiheit

Nichts, aber auch gar nichts hat das alles mit ökonomischen Werten zu tun, die Ökonomie ist letztendlich wertfrei geworden. Preise, Löhne, Kosten, Zinsen, Schulden, lediglich Größen ohne jede realwirtschaftliche Grundlagen in einem virtuellen Finanzspiel mit automatisierten Wetten, Gewinnspielen, Phantasiewelten, die alle nur ein Ziel haben . . .  nein, sie haben kein Ziel mehr, sie haben nicht einmal einen Sinn, sie sind einfach nur Selbstzweck ohne Realitätsbezug aber mit ungeheurer Wirkung auf die Realität, in erster Linie aber auf die Politik geworden.
Diese Wertlosigkeit unserer realen menschlichen Gesellschaft vor dem Hintergrund des fiktiven pseudowertschöpfenden Finanzmarktes drückt sich längst in Begriffen aus, die heute als besonders schick und intelligent gelten. Da ist die Rede von „Wertschöpfungsketten“, an denen man sich beispielsweise als „Wissensarbeiter“ entlangbewegen kann, oder gar von Wertschöpfungsketten von Finanzinstituten, die ja nichts anderes sind, als Wertabschöpfungsketten. Da beinhalten Onlineartikel einen angeblichen Mehrwert für den Leser, wobei der oft genug froh wäre, wenn der Artikel wenigstens handwerklich und inhaltlich überhaupt einen Wert hätte. Dann wäre der schicke aber substanzlose „Mehrwert“ des Artikels ohnehin völlig entbehrlich.

Warum spielen wir eigentlich nicht alle mit?


Insofern versichere ich, dass auch dieser Kommentar keinerlei Mehrwert für den Leser hat und nicht Bestandteil meiner unternehmerischen Wertschöpfungskette ist, sondern lediglich ein Beitrag, der zum Nachdenken anregen soll. Zum Nachdenken beispielsweise darüber, was eigentlich passiert, wenn dereinst die ganze Welt im schwarzen Loch der Finanzwirtschaft verschwunden ist und niemand mehr für die virtuellen Schulden aufkommen kann. Oder was wird wohl geschehen, wenn den Kreditgebern im Rahmen einer ordentlichen Insolvenz lediglich die Kredittilgung und der Anteil an der realen Wertschöpfung (also Rendite) zugestanden wird, an deren Entstehung sie mit ihren Investitionen auch direkt beteiligt waren. Es wäre interessant, einmal auszurechnen, wieviel Geld die Finanzwirtschaft ihren Schuldnern und Schuldnerstaaten inzwischen eigentlich schulden würde. Wie wäre es denn einmal mit Wetten darauf, es gibt doch genug virtuelles Spielgeld in unserem Weltcasino, das unsere geistesriesigen Spitzenpolitiker für systemrelevant halten. Vielleicht haben die damit sogar Recht. Die Frage allerdings drängt sich auf, ob dieses Schmarotzersystem selbst gesellschaftlich überhaupt relevant ist.

Mit mehrwertigen Grüßen

Ihr

Wolfgang Schwerdt

Donnerstag, 22. September 2011

Die Offenbarung des Benedikt

Im Jahre des Herrn 2011 begab es sich, dass die Zentrale der weltlichen Macht des Heiligen römischen Reiches Deutscher Nationen von Benedikt XVI., dem Stellvertreter Gottes besucht wurde. Inmitten der Mächtigen des Reiches, erhob der Papst die Stimme und verkündete im Rahmen eines rechtsphilosophischen Diskurses die frohe aber historisch falsche Glaubensbotschaft, dass die Idee der Menschenrechte, der Gleichheit aller Menschen vor dem Recht, die Erkenntnis von der Unantastbarkeit der Menschenwürde aus der Überzeugung der Existenz eines Schöpfergottes heraus entstanden sei.

Die mächtigen des Reiches, allen voran die christliche Kanzlerin, die erlauchten Fürsten der deutschen Nationen des Heiligen Römischen Reiches und die zahlreichen Hofschranzen, die sich unter der Kuppel ihres Palastes versammelt hatten, nahmen die Botschaft der Heiligen Vaters beeindruckt auf. Der meldete bei dieser Gelegenheit und an diesem Ort mit den Worten: „Aber die Einladung zu dieser Rede gilt mir als Papst, als Bischof von Rom, der die oberste Verantwortung für die katholische Christenheit trägt. Sie anerkennen damit die Rolle, die dem Heiligen Stuhl als Partner innerhalb der Völker- und Staatengemeinschaft zukommt.“ auch gleich seinen Anspruch auf die geistige Führerschaft der Völker- und Staatengemeinschaft an. Unwidersprochen selbstverständlich, denn die Autorität des Papstes steht bei unseren christlichen Herrschern natürlich über der Souveränität des Volkes, der demokratischen Verfassung. Obwohl, die Einladung zur Rede im Christlichen Reichstag wurde gegenüber dem Pöbel mit der Rolle des Papstes als Staatsgast, als Regierungschef des christlich-fundamentalistischen Gottesstaates begründet. Tja, man muss eben ein Gläubiger (oder ein Blinder oder ein Politiker) sein, um solche Widersprüche zu übersehen.

Lobpreised die christlich-abendliche Leitkultur

Wer nun allerdings die aufmüpfige Frage stellen möchte, ob denn nun auch noch die obersten Vertreter von Gottesstaaten anderer Glaubensrichtungen aus unserem Parlament heraus und mit freundlicher und massiver Unterstützung der öffentlich-rechtlichen Medien ihre Predigten und Machtansprüche in die Welt hinausposaunen dürfen, der sei noch einmal nachdrücklich auf unsere christlich-abendländische Leitkultur nach dem Ratzingerverständnis hingewiesen – und damit hoffentlich endgültig zum Schweigen gebracht. Und wen das nicht überzeugt, dem sei hier in Zusammenhang mit der Griechenlandfrage noch einmal ein wenig Geschichtsverständnis nach dem Muster unserer politischen Elite vor Augen geführt. Nach deren bestechender Logik dürfen wir Griechenland nicht vom durch die internationalen (und wahrscheinlich christlich-abendländisch geleiteten) Finanzterroristen aufgebauten Schuldendruck befreien, sondern müssen über die berühmten selbstmörderischen „Rettungsschirme“ eben jenen Finanzterroristen ihre Lösegeldforderungen erfüllen. Und warum? Weil die Griechen die Demokratie erfunden haben!! Die Demokratie, der wir unsere freiheitliche Gesellschaft verdanken.

Eine Zeitreise durch die Windeln der Demokratie

Da haben sich nach den Klein-Erna-Vorstellungen unserer politischen Elite wohl die (ausschließlich männlichen!) Griechen der Oberschicht – wahrscheinlich wegen einer Finanzkrise - zusammengesetzt und getüftelt, dass die Köpfe rauchten. Irgendwann muss wohl einer von ihnen aufgesprungen sein und gesagt haben:
„Ich Hartz, ich Hartz, das ist die Lösung! Lasst Sklaven und verarmte Bauern für uns arbeiten, lassen wir die Frauen unseren Haushalt führen, während wir über die wichtigen Dinge des Lebens entscheiden, ohne uns mit den niederen Arbeiten die Hände schmutzig machen zu müssen, schließlich lenkt das doch nur von unserer Verantwortung für die Gesellschaft ab. Denn wir, die paar edlen Männer, sind das Volk. Und im Volke soll Gleichheit herrschen, nennen wir es einfach Demokratie.“
Und tatsächlich die Zustände in unserer Republik ähneln inzwischen in vielerlei Hinsicht dem antiken griechischen Demokratieverständnis, mit einer Ausnahme: heute beteiligen sich auch Frauen, mächtige christliche Frauen und nachdem die Jahrhunderte der Aufklärung endlich wieder aus dem Bewusstsein der Eliten getilgt worden sind, auch wieder der Stellvertreter Gottes (des Einen, sie wissen schon, nicht etwa des Anderen) an der „Verantwortung für die Gesellschaft“.
Eine Zeitreise mit Achterbahneffekt: Aus der Gegenwart über die Antike ins christliche Mittelalter.

Mit einem fröhlichen Halleluja und Hosianna
Ihr Wolfgang Schwerdt
Amen

(will ja nicht auf dem Scheiterhaufen enden, also widerrufe ich vorsichtshalber gleich mal ein paar problematische Passagen)

Mittwoch, 10. August 2011

Jetzt mal ehrlich Herr Lindner

Kleiner Anlass, langer Kommentar

Wieder einmal profiliert sich Christian Lindner, MdB und Generalsekretär der FDP für seine Partei mit arbeitsmarktpolitischen Vorschlägen, die - diesmal rechtzeitig zum Sommerloch - durch die Medienlandschaft plätschern. Natürlich bleibt die Meldung, dass er dafür plädiert, den Bezug von Arbeitslosengeld I für ältere Arbeitslose auf 18 Monate zu reduzieren, nicht unwidersprochen. Und natürlich ist die Empörung der Opposition und der Betroffenen wie üblich ein Ergebnis von böswilligen Missverständnissen. Denn, so Lindners Stellungnahme „zu Meldungen über ein arbeitsmarktpolitisches Reformprogramm der FDP“ vom 10. August 2011 auf seiner offiziellen Homepage, „Verbesserungen und möglicherweise zur Gegenfinanzierung notwendige Einsparungen müssen . . . immer im Zusammenhang betrachtet werden. Die FDP hat aus diesem Grund keine Kürzungsforderung.“

In Wirklichkeit nämlich will die FDP „den Aufschwung nutzen, um Arbeitslosigkeit nachhaltig weiter abzubauen. Gerade bei der insgesamt positiven Beschäftigungsentwicklung können wir uns stärker den Menschen widmen, die bisher strukturell und dauerhaft vom Arbeitsmarkt abgekoppelt sind“, sagt Lindner.

Politik nach Kassenlage und nicht nach Gesetz?

So weit so gut, betrachten wir also den Zusammenhang oder besser gesagt, die Grundlagen dieser Äußerungen. Da gibt es die Gesetzgebung zu Arbeitslosengeld I und II, jeweils verbunden mit Maßnahmen, die den Arbeitslosen – auf gesetzlicher, rechtsstaatlicher Basis – wieder in den Arbeitsmarkt integrieren sollen. Dass die FDP diese gesetzliche Vorgabe nun ebenfalls umsetzen will, ist zweifellos löblich, nein, eigentlich selbstverständlich und nun wirklich keine Nachricht wert. Dass arbeitsmarktpolitische Maßnahmen bei den Liberalen jedoch ausgerechnet dann in den Fokus ihrer Betrachtungen geraten, wenn der Aufschwung nach eigener Aussage ohnehin da ist, erscheint mental schon recht grenzwertig.

Die FDP-Liebe zu den „Entkoppelten“

Der zweite geistige Geniestreich ist dann die Argumentation, dass durch den Aufschwung auch die älteren Arbeitslosen wieder gute Chancen auf dem Arbeitsmarkt haben. In diesem Zusammenhang sind zwangsläufig jene älteren Arbeitnehmer gemeint, die ausgerechnet während des Aufschwungs aus einer Vollbeschäftigung entlassen werden, Anspruch auf ALG I und nun wegen des Aufschwungs bessere Chancen auf eine Wiedereinstellung haben. Eine Kürzung der Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes I erscheint zumindest statistisch gesehen durchaus nachvollzierbar, schließlich darf man vor den Hintergrund der FDP-Annahmen vermuten, dass die älteren Arbeitslosen im Durchschnitt nun früher als bisher einen neuen Job finden (wahrscheinlich ergeben sich die 18 Monate aus genauesten statistischen Erhebungen). Und wenn nicht, dann handelt es sich eben um die Menschen, die die SozialFDP nun besonders ins Herz geschlossen hat, jene, „die strukturell und dauerhaft vom Arbeitsmarkt abgekoppelt sind“ und die ohnehin in die Gruppe der unqualifizierten langzeitarbeitslosen Harzt IV-Empfänger gehören (warum eigentlich 18 Monate warten?).

Die Brücke ins mentale Jenseits

Und nun wird es kompliziert, zumindest, wenn man den gesunden Menschenverstand bemüht. Denn Menschen, die bisher „strukturell und dauerhaft vom Arbeitsmarkt abgekoppelt sind“, sind objektiv auch zukünftig nicht mehr in den Arbeitsmarkt integrierbar, dafür steht der Begriff „strukturell“. Strukturell bedeutet nämlich, dass die ökonomischen, gesellschaftlichen und persönlichen Strukturen eine „dauerhafte Abkoppelung“ bestimmter Menschen vom Arbeitsmarkt – und Dank Hartz- IV auch der Gesellschaft - zur Folge haben. Niemand, der auch nur mit einem Ansatz von Realitätsbezug und Verständnis von ökonomischen und gesellschaftlichen Zusammenhängen aufwarten kann, wird ernsthaft behaupten wollen, dass die Menschen, die „strukturell und dauerhaft vom Arbeitsmarkt abgekoppelt sind“, „über Teilzeitarbeit, Zeitarbeit und Minijobs eine Brücke zurück in den Arbeitsmarkt“ finden könnten.
Warum also und vor allem für wen Teilzeitarbeit, Zeitarbeit und Minijobs „breiter und attraktiver machen“?

Hartz- IV ler – die Motoren des „Aufschwungs“

Stellt man das ganze bisherige Sozialgeschwurbel der FDP mit der letzten Aussage in Zusammenhang, wird dem Betrachter mit geistiger Normalstruktur das Konzept klar: „Parallel wollen wir die Hinzuverdienstregeln für erwerbstätige Hartz-IV-Bezieher weiter verbessern. Das ist für das kommende Jahr in der Koalition verabredet.“ Klingt nett, man gönnt den arbeitenden Sozialschmarotzern ein paar Kröten mehr, könnte man denken und liegt damit gesellschaftlich betrachtet so falsch wie nur irgend möglich. Denn fassen wir einmal zusammen:
Der Aufschwung erlaubt statistisch eine Kürzung der Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes I (für ältere Arbeitnehmer!) auf 18 Monate. Wer diesen statistisch ermittelten Zeitplan nicht einhalten kann, landet schneller als vorher bei Hartz IV. Nun bekommt er einen Billiglohn-Job, verdient also weniger als vorher. Die Einsparungen, die sich nun durch die Verkürzung der ALG I-Bezugsdauer ergeben, können nun zur Gewinnmaximierung voll in die Lohnkostensubvention der Billiganbieter einfließen, d.h. die Lohnkostenzuschüsse können erhöht, der Billiglohnsektor und seine Gewinne „breiter und attraktiver“ gemacht werden. Das wirklich geniale bei der ganzen Geschichte: Die Arbeitslosen bezahlen nach diesem Modell ihr Lohndumping auch noch selbst.
Nein, auch wenn es immer wieder anders aussieht, die Leute von der FDP wissen genau, was sie wollen und was sie sagen. Zumindest gebietet der Respekt diese Unterstellung. Lediglich die Tatsache, dass sie verzweifelt versuchen, ihren technokratischen Sozialdarwinismus verbal zu verschleiern lassen nicht nur ihre Programme, sondern auch die einzelnen Äußerungen immer wieder so peinlich und oft auch werblich-dümmlich erscheinen.

Überflüssig wie ein Kropf

Zwei Anmerkungen zum Schluss: Stünde tatsächlich ein primär sozialpolitischer Gedanke im Fokus des von Lindner formulierten FDP-Konzeptes, bedürfte es weder einer entsprechenden Verlautbarung noch einer Reduzierung der Bezugsdauer von Arbeitslosengeld I zur öffentlichen Finanzierung der privatwirtschaftlichen Lohnkosten. Immerhin würde sich die beabsichtigte Einsparung beim Arbeitslosengeld I auch ohne Kürzung ergeben, wenn die Geschichte von den verbesserten Chancen älterer Arbeitnehmer am Arbeitsmarkt aufgrund des Aufschwungs wahr wäre. Ganz offensichtlich aber traut Herr Lindner seinen eigenen Argumenten nicht – und das übrigens völlig zu Recht.
Nach den Wahlen ist vor den Wahlen. Und damit der geneigte Leser nicht auf meine unmaßgeblichen Analysen zynischen Politikergeschwätzes angewiesen ist, habe ich das Download-Angebot Herrn Lindners angenommen und dem Kommentar sein Portrait – falls ihn jemand noch nicht gesehen hat – beigefügt. Und damit man sich nicht nur ein BILD von ihm machen muss, hier auch der Link zu seiner offiziellen Homepage mit weiteren interessanten Argumenten zur FDP-Politik und Informationen zu seiner Person. Immerhin ist es für eine Bewertung von Aussagen oft genug nicht nur wichtig, zu wissen, was jemand sagt, sondern auch wer es sagt.


Montag, 8. August 2011

Neu: Das Kindle zum Gastkommentator

Achtung die Lektüre beinhaltet ein intellektuelles RESTRISIKO

Bissig, satirisch, humorig. Die Alien-Connection ist eine Sammlung meiner Kommentare zu politischen Ereignissen der letzten zwei Jahre. Da geht es um HartzIV, um die Affaire Guttenberg um E10 oder um die "Energiewende". Unter dem Titel "RESTRISIKO" - einem Highlight dieses Buches - wohnt der Leser einer Fernsehdiskussion zum Thema Kernenergie bei, die als Groteske die politische Kultur unseres Landes der letzten Jahre und mit dem überraschenden Ende ihre durchaus denkbaren Konsequenzen veranschaulicht. Das ganze hochpolitisch, hochkritisch und oft genug hochsatirisch. Für den Zynismus, der dem einen oder anderen Kommentar innewohnt, trägt der Autor dieses Buches keine Verantwortung.


Die Alien-Connection auf Amazon zu einem Preis, der das RESTRISIKO kalkulierbar macht.

Mittwoch, 15. Juni 2011

Selten so gelügt oder Ignoranz als Politikprinzip

Hartz IV und das Weltbild der Arbeitsanstalt

„Wir haben verstanden“ tönt es immer mal wieder in der Werbung, wenn ein Unternehmen meint, seine Glaubwürdigkeit aufpolieren zu müssen. „Wir haben verstanden“, hat man auch gehört, wenn Parteien aufgrund ihres Politik- und Gesellschaftsverständnisses von den Bürgern wahltechnisch abgestraft wurden.

Empirisch gesehen ist diese Aussage meist eine bewusste oder unbewusste Lüge, denn die Praxis zeigt: es gibt immer weniger was insbesondere Politik und Wirtschaft verstanden haben. Dazu gehört in zunehmendem Maße das Prinzip einer demokratischen Gesellschaft.

Kampf dem selbständigen Prekariat


Laut „Bundesagentur für Arbeit“ nahm die Zahl der Selbständigen, die ihre Einkünfte mit Hartz IV aufstocken (müssen! Anm. d. Verf.) in den letzten Jahren zu. Große Sorge macht sich in diesem Zusammenhang vor allem das für SGB II zuständige Vorstandsmitglied der „Bundesagentur für Arbeit“, Heinrich Alt – natürlich wegen der Belastung des Haushaltes und nicht wegen der Situation von Selbständigen in unserer Republik. Den Meldungen der Medien entsprechend sieht Alt eine denkbare Lösung des Problems in der Möglichkeit, die Bezugsdauer von staatlichen Grundsicherungsleistungen für Selbständige zeitlich zu begrenzen.

Selbständig und Selbständig, der kleine Unterschied

Echte Selbständige/Freiberufler waren in unserer Republik schon immer eine gesellschaftliche Randgruppe und passen daher natürlich auch hervorragend in die Schmarotzerschublade der „Hauptsache Arbeit“ – Fundamentalisten. Die meinen mit Arbeit natürlich nicht Arbeit, sondern abhängige Beschäftigung um jeden Preis. Abhängigkeit, nicht Selbständigkeit ist der Kern aller arbeitsmarktpolitischen Bestrebungen und Gesellschaftsmodelle eines breiten Spektrums der politischen Klasse. Zu den echten Selbständigen/Freiberuflern gehören übrigens nicht Jene Gruppen, denen nicht nur steuerrechtlich besondere Privilegien eingeräumt werden, die sogenannten Kammerberufe. Rechtsanwälte, niedergelassene Ärzte, Apotheker gelten zwar als freiberufliche Selbständige, sind faktisch aber zunftmäßig organisierte Scheinselbständige öffentlich-rechtlicher Organisationen und damit gute Selbständige, deren Hartz IV-Zahl bei der angesprochenen Problemlage sicher marginal sein dürfte.

Gesellschaftliche „Geschäftsidee“ noch tragfähig?

Die schlechten Selbständigen sind all jene, die sich aus eigener Kraft mit eigenem Einsatz und vollem Risiko ohne öffentlich-rechtliche Privilegien im Markt behaupten müssen. Dazu gehören neben den vielen Gewerbetreibenden auch freie Journalisten, Berater, Autoren, also auch die im doppelten Sinne selbständigen Kopfarbeiter. Natürlich kann eine Gesellschaft solch lästige Menschen und deren gesellschaftlich so unbedeutende Tätigkeiten nicht einfach unbegrenzt aufstockend alimentieren. Und nach den zu Ende gedachten Vorstellungen Alts müssen die eben irgendwann ihre Selbständigkeit aufgeben und dem Markt der abhängig Beschäftigten beispielsweise als nützliche Putzkräfte oder profitable ehrenamtliche Altenpfleger und nicht zu vergessen, fixe Gabelstaplerfahrer zugeführt werden. "Irgendwann muss man schwarze Zahlen schreiben oder - so weh es tut - die Selbstständigkeit aufgeben. Der Steuerzahler kann nicht auf Dauer eine nicht tragfähige Geschäftsidee mitfinanzieren", zitiert „Welt-Online“ den obersten Hartz IV-Organisator. Man übertrage diese Einstellung mal hinsichtlich der Zielsetzung auf das Hartz IV- Konzept, auf Griechenland oder die "Finanzkrise" und wir wären bei der generellen Problemlösung bereits mehrere Schritte weiter.

Anstaltspolitik: Entlassung in die Scheinkriminalität

Die Schlitzohrigkeit dieses Vorschlages eröffnet sich, wenn man sich die bemängelte Entwicklung einmal genauer anschaut und die selbständigen einmal mit den unselbständigen „Problembären“ des SGB II vergleicht.
Seit vielen Jahren drängen die Mitarbeiter der Bundesanstalt ihre „Kunden“ in die Selbständigkeit. Existenzgründungsprogramme mit entsprechendem Coaching und Entwicklung von Geschäftskonzepten für auch mental Unselbständige waren jahrelang der Renner bei der Verschönerung der Arbeitslosenstatistiken. Um die „Kunden“ aus der Arbeitslosenkartei zu bekommen, war man bei der Beurteilung der Geschäftskonzepte meist recht großzügig. Selbst der Start in die Scheinselbständigkeit oder in latent kriminelle Schneeballvertriebssysteme galten als erfolgsversprechend und damit förderungswürdig. Und nun ist das passiert, was zwingend zu erwarten war: Diejenigen, die man behördlicherseits verantwortungslos in die Wüste geschickt hat, kehren zurück und erhöhen die Statistik der Aufstockerselbständigen.

Das vermeintliche Bedürfnis Selbständiger nach „Hilfsbedürftigkeit“

Es gäbe noch viel über die Selbständigenproblematik zu erzählen. Etwa, dass freie Journalisten und Künstler Anfang der 80ger zur Aufstockung der knappen Kassen der Kranken- und Rentenversicherung über die Einrichtung der Künstlersozialkasse in die gesetzliche Kranken- und Renten, nicht aber die gesetzliche Arbeitslosenversicherung verpflichtet wurden. Immerhin weiß man, dass Freiberufler in der Regel die Krankenkasse naturgemäß kaum in Anspruch nehmen, das Risiko der „Arbeitslosigkeit“ aber relativ hoch ist.
Die Aussage "Natürlich können Selbstständige theoretisch ihr Einkommen so gestalten, dass sie in der Hilfsbedürftigkeit verbleiben. . . .“ zeigt die Beschränkung der altschen Sichtweise auf die Gesellschaft. Natürlich können Aktiengesellschaften und Großkonzerne ihre Bilanzen so gestalten, dass die steuerliche Belastung deutlich reduziert wird. Und auch Herr Alt dürfte bei seiner Einkommenssteuererklärung erhebliche Gestaltungsspielräume haben. Solche Spielräume sind aber nur gegeben, wenn eine ausreichend große materielle Manövriermasse zur Verfügung steht.

Angst vor „eine Handvoll Dollar“ mehr

Weder „Ottonormalverbraucher“ noch Selbständige, die an der Existenzgrenze herumlavieren verfügen über diese Möglichkeiten. Und auch dem gemeinen aufstockenden Hartz IV-Empfänger sieht man nicht an, ob er bei seinen Einkommensangaben mögliche Schwarzerlöse vorenthalten hat. Und dass ein selbständiger Mensch alles daransetzt, um in der Hilfebedürftigkeit zu verbleiben darf getrost in die Welt der Sagen und Märchen verbannt werden. Realität ist allerdings, dass das Hartz IV-Konzept konsequent darauf ausgerichtet ist, jene, die in Hilfebedürftigkeit fallen, in Abhängigkeit zu schicken oder zu halten.

Mit freiberuflich selbständigen Grüßen

Ihr

Wolfgang Schwerdt

Dienstag, 15. März 2011

Mentale Kernschmelze in Deutschland

Laufzeitverlängerung für Gaddafi-Regime

Es ist eine der größten Naturkatastrophen mit Tausenden von Opfern, die Japan derzeit erleiden muss. Aber mit Erdbeben und Tsunamis haben die Japaner seit Jahrtausenden zu leben gelernt. Die Ruhe, Gelassenheit und Disziplin der Kinder Nippons ist nur aus dem Blickwinkel der restlichen Welt unverständlich. Die Katastrophe, die dem Land mit hunderttausenden oder millionen Opfern nun droht, hat mit Erdbeben und Tsunami nur bedingt und ganz sicher nicht ursächlich etwas zu tun. Sie ist Folge einer weltweiten mentalen Kernschmelze, die mit der Entwicklung der Atombombe begonnen hatte.

Die Vorstellung von der Beherrschbarkeit der Kernenergie hatte im Kalten Krieg zur nahezu grenzenlosen atomaren Aufrüstung geführt, obwohl jeder wusste, dass das nukleare Potenzial auch nur einer einzigen Atommacht ausreichte - und übrigens immer noch ausreicht - um auf einen Schlag die ganze Welt zu vernichten. Auch die Tatsache, dass die Aktivierung des Weltuntergangs durchaus im Rahmen einer "normalen" Naturkatastrophe, durch menschliches Versagen, durch technische Defekte etc. geschehen kann, ist bei allen Beteiligten hinlänglich bekannt.

Vorstellungsunvermögen oder "nicht bewußt getäuscht"?

Auch die Frage, welche Gefahren durch ein außer Kontolle geratenes Atomkraftwerk drohen und welche Faktoren dazu führen können, musste man sich weder aus Anlass der vergangenen Kraftwerksunfälle neu stellen, noch muss man sie angesichts der Katastrophe in Japan wieder aufwärmen. Das ist alles seit einem halben Jahrhundert bekannt, es gibt in dieser Frage faktisch keine neue Situation, wie die Bundesphysikkanzlerin nun weismachen möchte. Die vernichtende Kraft der Kernenergie in Verbindung mit Machtstreben und Profitgier scheint aber zuallererst die Gehirne der politischen Eliten geschädigt zu haben. Wie anders könnte es sein, dass beispielsweise unsere oberste Bundesphysikerin nun angesichts der Ereignisse in Japan eine (erstmalige???) Risikobewertung unter dem Aspekt der Sicherheit im Rahmen eines dreimonatigen Moratoriums vornehmen will, um daraus Schlüsse für die weitere Energiepolitik zu ziehen. Die für eine Physikerin hochinteressante Begründung: "Man hatte sich das nicht vorstellen können".

Kontrollverlust

Vielleicht sollte man dem bislang offensichtlich lobbyistisch beeinflussten Vorstellungsvermögen der Bundesphysikerin und ihrer politischen Gefolgschaft ein wenig auf die Sprünge helfen. Der physikalische Mechanismus einer Kettenreaktion zur Gewinnung von Kernenergie ist identisch mit dem physikalischen Mechanismus der Kettenreaktion einer Atombombe. Ein aktives Kernkraftwerk ist nichts anderes, als eine gezündete Atombombe, deren "Explosion" durch einen gewaltigen technischen Aufwand versucht wird, kontrolliert zu verlangsamen. Wer sich die Bilder von Hisroshima und Nagasaki vor Augen führt, sollte eigentlich kein Problem damit haben, sich die Folgen vorzustellen, die mit einem - aus welchen Gründen auch immer zustandegekommenen - Kontrollverlust verbunden sein können. Bei mir jedenfalls hat es - obwohl nicht Physiker sondern lediglich abgebrochener Chemie-Ingenieur mit kernphysikalischem Grundkurs - keine drei Monate gebraucht, um eine entsprechende Vorstellung zu entwickeln.

Schlagzeilen von Morgen

Aber meine Phantasie ist ohnehin eine wenig ausgeprägter als bei den politischen Eliten. Und so wage ich an dieser Stelle ein paar schlagzeilenartige Vorhersagen, die zwar teilweise relativ unwahrscheinlich, angesichts der vermuteten mentalen Kernschmelze unserer talentiertesten Volksvertreter aber in ganz verschiedenen Szenarien durchaus vorstellbar sind:

- die Bundesregierung beschließt den sofortigen Ausstieg aus der Kernenergie - die Energiepreise steigen wie im Vorfeld angedroht. Gleichzeitig wird die Laufzeitverlängerung des Gaddafi-Regimes durch unterlassene Hilfeleistung für sein massakriertes Volk beschlossen, um die Energieversorgung nach Wegfall der Kernenergie zu sichern. Die Wiederaufbauleistung für das Gaddafiregime lässt die Energiepreise weiter steigen. Oder

- die Bundesregierung beschließt den schrittweisen Ausstieg nach geltender Gesetzeslage - die Energiepreise steigen wie zu erwarten war. Aus prinzipiellen Erwägungen wird auch in diesem Fall die Laufzeit des Gaddafi-Regimes verlängert. Begründung der Bundeskanzlerin: "ich kann mir nicht vorstellen, dass der wirklich so böse ist." Oder

- die Bundesregierung beschließt irgendetwas anderes - die Energiepreise steigen wie immer, Gaddafi bekommt wie alle anderen Diktatoren- und Verbrecherregime erst mal Laufzeitverlängerung.

- die Bundesregierung beschließt zur Abwehr terroristischer Bedrohungen, die atomare Aufrüstung. Aus Sicherheitsgründen werden die Atomwaffen erfahrenen privaten Atomkraftwerksbetreibern überlassen. Über Einsatz und Sicherheitsfragen schließt die Bundesregierung einen Vertrag mit den Konzernen. Die Verteidigungskosten können nach den Vorgaben des ehemaligen hochtalentierten Verteidigungsministers nun reduziert werden, die Energiepreise steigen. Oder

- In einer Regierungserklärung versichert die Kanzlerin, dass die Kernkraftwerke und die Atombomben in den Händen der erfahrenen Energiekonzerne so sicher sind wie E10. Etwas anderes könne sie sich nicht vorstellen. Zur Erhöhung der Glaubwürdigkeit dieser Aussagen und zur persönlichen Betreuung der Mitarbeiter in den vaterländisch energieproduzierenden Atombomben, holt Merkel zu Guttenberg als Energieminister zurück - die Energiepreise steigen. Oder

- es bleibt alles beim Alten. Durch Verträge mit der Erdbeben- und Tsunamiindustrie wird die Sicherheit der deutschen Kernkraftwerke auf freiwilliger Basis gewährleistet - die Energiepreise steigen.

Egal welches Szenario eintreffen wird, eines ist durch die geradezu artistischen Argumentationsversuche der Bundeskanzlerin in Zusammenhang mit der japanischen Tragödie mehr als deutlich geworden: die Atomenergie ist weder ein technisches, noch ein wirtschaftliches noch ein energetisches noch ein Problem von Naturkatastrophen - sie war und ist von Beginn an eine Frage politischer Entscheidungen. Ach ja, und die Energiepreise werden in jedem Fall steigen.

Mit unvorstellbaren Grüßen

Ihr

Wolfgang Schwerdt

Mittwoch, 9. März 2011

Biosprit nach E10-Gipfel überraschend zurückgetreten

Die Bild-Zeitung hatte gar nicht erst versucht, ihn zu retten

Nach einer beispiellosen Hetzjagd auf das hochtalentierte Superbiobenzin, hat Ezehn nun schweren Herzens seinen Rücktritt von den Zapfsäulen erklärt. In einer bewegenden Rede, zu der die Presse zwar nicht geladen, aber auch nicht gekommen war, erklärte Ezehn:

"Ich habe in einem sehr freundschaftlichen Gespräch den Umweltminister informiert, dass ich mich von all meinen Zapfsäulen zurückziehen werde und um meine Entlassung aus dem politischen Umweltdienst gebeten.
Ich gehe diesen Schritt nicht allein wegen meiner so fehlerhaften Wirkungsweise – wiewohl ich verstehe, dass dies für große Teile der Autofahrer und Umweltschützer ein Anlass wäre.
Der Grund liegt im Besonderen in der Frage, ob ich den höchsten Ansprüchen, die die Politik an meine Umweltfreundlichkeit anlegt, noch nachkommen kann.

Wenn allerdings - wie in den letzten Wochen geschehen - die öffentliche und mediale Betrachtung fast ausschließlich auf das Ezehn und seine mögliche Motor- und Umweltschädlichkeit statt beispielsweise auf die Nöte der Politik, der Auto- und Kraftstoffindustrie abzielt, so findet eine dramatische Verschiebung der Aufmerksamkeit zu Lasten derer statt, für deren Wohlergehen ich eingeführt wurde.
Wenn es auf dem Rücken der Zapfsäulen nur noch um meine Person gehen soll, kann ich dies nicht mehr verantworten.

Ich habe, wie jeder andere Treibstoff auch, zu meinen Schwächen und Fehlern zu stehen. Zu großen und kleinen im Umweltbereich bis hin zum gelegentlichen Motor und Dichtungenfraß. Und mir war immer wichtig, die breite Öffentlichkeit damit nicht zu beunruhigen.

Manche mögen sich fragen, weshalb ich erst heute zurücktrete.
Zunächst ein möglicherweise für manche unbefriedigender, aber allzu alkoholischer Grund. Wohl kein Treibstoff wird leicht, geschweige denn leichtfertig die chemische Reaktion aufgeben wollen, für die er geschaffen wurde. Eine Reaktion, die eine wesentliche Grundlage für viele Vorstände, Shareholder und Politiker und deren Wohlstand beinhaltet.
Hinzu kommt der Umstand, dass ich mir für eine Entscheidung dieser Tragweite - jenseits der hohen medialen und oppositionellen Taktfrequenz - die gebotene Zeit zu nehmen hatte. Zumal Vorgänge in Rede stehen, die Jahre vor meiner Zapfsäulenübernahme lagen.

Ich danke besonders der Frau Bundeskanzlerin und ihren Ministern für alle erfahrene Unterstützung, ihr großes Vertrauen und Verständnis."

Die ersten Reaktionen

Der Umweltminister erklärte in Zusammenhang mit den vergangenen Angriffen auf Ezehn: "Ich habe schließlich kein motorfreundliches Hochleistungsöl oder ein Autopflegeshampoo oder sonst irgendwas für die Zapfsäulen verpflichtet, sondern unter dem Umweltfähnchen ein Schmiermittel für die Wirtschaft. Und diesen Job macht Ezehn sehr gut."

Der Wirtschaftsminister ergänzte: "Für einen so talentierten Treibstoff wie Ezehn, stehen natürlich jederzeit sämtliche Tankstellenfüllstutzen offen."

Für die SPD und die Grünen ist die Sache noch längst nicht ausgestanden. Sie erwarten nun zahlreiche Anzeigen wegen Motorschädigung und Umweltbetrug, denen sich Ezehn nun stellen muss.

Und während die Ezehn-Gegner die Rücktrittsrede als heuschlerisch und arrogant bezeichnen und die fehlende Einsicht in die wirtschaftskriminelle Energie der Ezehn-Affaire bemängeln, halten die Ezehn-Befürworter die Begründung für den Rückzug aus den Tanksäulen für ehrenhaft und einen Beweis für die Leistungsfähigkeit und das Talent des sogenannten Biosprits.
Erste Ezehn-Fanseiten wurden inzwischen von auf facebook eingerichtet, mit unerwartetem Zulauf.

Mit beispiellosen Grüßen

Ihr

Wolfgang Schwerdt

Hinweis: Die Formulierungen der Ezehn-Rücktrittsrede sind der öffentlichen Rüchtrittsrede des K.T. zu Guttenberg entlehnt.

Samstag, 5. März 2011

Das Prinzip der E10- Politik - Durchhalten bis zum Letzten Tropfen

Deutschland und die Politik der schnellen (Fehl) Schüsse

Auch ich gehöre zu den uneinsichtigen Autofahrern, die einfach nicht das supertolle E10-Benzin tanken wollen. Dabei ist es doch mindestens 2 Cent pro Liter billiger, als das böse Superbenzin. Was könnte ich da sparen. Selbst wenn also der statistisch zu 93 Prozent unwahrscheinliche Fall eintreten und sich der Motor meines Autos verabschieden sollte, – zerfressen vom umweltfreundlichen Äthanol aus dem zu diesem Zweck entregenwaldeten Brasilien - dass bisschen Risiko sollte uns allen doch die Umwelt wert sein.

Nicht zu vergessen, bei der unglaublichen Ersparnis von etwa 2 Cent pro Liter, müsste man für einen neuen Motor etc. doch lediglich 75.000 Liter E10 (bei den derzeitigen Preisen lächerliche 112.000 €) in sein Auto pumpen und schon hätte man den neuen Motor wieder raus und bei kleineren Autos vielleicht noch einen netten Urlaub dazu. Und man bedenke, mit dieser Spritmenge könnte man selbst bei dem zwangsläufig höheren Verbrauch des im Vergleich leistungsschwächeren E10, rund 18 mal am Äquator entlang die Welt umrunden. Die Passage der ehemaligen Regenwälder dürfte dabei ganz sicher kein Problem darstellen. Völlig unverständlich eigentlich, dass sich die sturen und statistikresistenten deutschen Autofahrer diese einmalige Spar- und Reisemöglichkeit einfach entgehen lassen, wo es doch immerhin eine 7%ige Chance gibt, zusätzlich auch noch den Hauptgewinn - einen neuen Motor - zu ziehen.

Die offensive der geballten Lobbyistenkompetenz

Warum also werde ich das schlechte Gefühl in dieser Angelegenheit nicht los, obwohl es doch noch viele andere gute Argumente für E10 gibt. Da wäre die Tatsache, dass die unzähligen VW-Käfer, die in Brasilien gebaut und gefahren werden, diesen Sprit seit Jahren problemlos vertragen, warum nicht auch mein knapp 20 Jahre alter Nissan, der in Spanien hergestellt worden ist. Schließlich sprechen die in Brasilien ja portugiesisch, also die gleiche Sprache wie die spanischen Nachbarn auf der iberischen Halbinsel. Wer da keine Zusammenhänge erkennt muss ja wohl ein bisschen doof sein.
Aber glücklicherweise setzen sich am kommenden Dienstag endlich einmal alle politischen Talente aus Wirtschaftsministerium, Mineralölwirtschaft, Automobilclubs und Verbraucherschützern, Tankstellen-Betreiber und Autoindustrie zusammen, um gemeinsam zu überlegen, wie man den renitenten Autofahrer vom Tanken des ökologisch und monetär am Ende sehr viel teureren E10 überzeugen kann.
Danach werden dem Bürger am Bildschirm wieder einmal die vertrauensbildenden augenliderklappernden Versicherungen der einschlägigen politischen Fachleute und Wirtschaftslobbyisten im Rahmen von ungemein aufklärerischen Talkshows präsentiert werden. Und mit der den politisch Handelnden immanenten Glaubwürdigkeit wird dabei versucht werden, den einmal beschlossenen und wie üblich nicht zuende gedachten Fehler bis zum letzten Tropfen zu verteidigen und als politisch hochtalentierte Großtat zu verkaufen.

Einfache Frage zum Akzeptanzproblem: wer trägt das Risiko

Dabei wäre die Lösung des Problems doch ganz einfach. Ein gesetzlich festgelegter Schadenersatzanspruch. Und das, auch ohne dass der Geschädigte nachweisen muss, welches namentlich zu nennende Ethanolmolekül von welcher Tankstelle welches Aluminium- oder Dichtungsteil konkret wann und mit welcher bösartigen Motivation aufgefressen hat. Einfach ausgedrückt: wenn die Politiker konkret für die Schäden haften würden, die sie dem Bürger so bedenkenlos zu verursachen bereit sind, wäre ihre Glaubwürdigkeit wieder gesichert. Der außerordentlich angenehme Nebeneffekt wäre dabei, dass die Flut der „Risiko-auf-den-Bürger-Abwälz-Gesetze“ erheblich eingedämmt würde. Sowohl durch die Minimierung gesellschaftlicher Schäden als auch der politischen Propagandaausgaben würden erhebliche Mittel im Haushalt und bei den Bürgern frei, die beispielsweise der Bildung und anderen bisher sträflich vernachlässigten wichtigen gesellschaftlichen Bereichen zugeführt werden könnten – von der Haushaltskosolidierung ganz zu schweigen.

Mit risikofreundlichen Grüßen

Ihr

Wolfgang Schwerdt

Freitag, 4. März 2011

Alles Banane oder was? - Die Worthülsenrepublik

Zum Gehalt politischer Rhetorik

Wenn wir unseren Guttenberg nicht gehabt hätten, wären so manche interessante Fragen möglicherweise gar nicht so deutlich aufgetaucht, wie es derzeit der Fall ist. Und auch die Tatsache, dass es inzwischen zur politischen Kultur geworden scheint, gar nicht erst zu versuchen, bestimmte Fragen zu beantworten, wird immer offensichtlicher. Und um hier jedem Missverständnis vorzubeugen: das hier wird kein weiterer Guttenberg-Kommentar, auch wenn das Beispiel des Freiherrn gerade in diesem Zusammenhang nicht immer ganz zu vermeiden ist.

Beginnen wir mit dem faszinierenden Begriff „politisches Talent“. In jeder Diskussionsrunde wird dem ehemaligen Verteidigungsminister von allen Seiten ein ungewöhnliches politisches Talent nachgesagt. Was darunter zu verstehen ist, formuliert dabei niemand. Und so darf der von diesem Attribut tief beeindruckte Bürger versuchen, selbst die Substanz dieses Begriffes zu erfassen.
Da wäre zunächst einmal Charakterstärke und Moral. Nach Feststellung der Bundeskanzlerin und bei unvoreingenommener Betrachtung des Ablaufs der Affäre, ganz ohne Zweifel kein Kriterium für politisches Talent. Solche wissenschaftlichen Attitüden – so die machtorientierte Regierungsposition - muss man natürlich von einer politischen Bewertung trennen.
Man mag mich korrigieren, aber fachliche Kompetenz (in welchem Bereich auch immer) oder reale ministeriale Leistungen sind bislang ebenfalls nicht als Begründung für das besondere politische Talent des Herrn zu Guttenberg angeführt worden. Im Gegenteil, als Politiker habe er einen akademischen Titel (der normalerweise für fachliche Kompetenz steht) nicht nötig. Als Leistungsnachweis – beispielweise bei der Militärreform – reicht bereits eine Absichtserklärung.

Das Talent des fehlerhaften Menschseins

Auf der Habenseite stehen – zumindest nach Erklärung der politischen Talentscouts – menschliche Fehler, gutes Benehmen, gute Optik, Zielstrebigkeit, Affinität zur und Gespür für Macht, das Propagieren von Ehrlichkeit (über den Grad der faktischen Ehrlichkeit darf man dann hinwegsehen) und nicht zuletzt die charismatische Wirkung auf einen großen Teil der Bevölkerung. Fachliche Kompetenz, konstruktive Sacharbeit für die Gesellschaft, Wahrnehmung gesellschaftlicher Realitäten treten hinter der öffentlichkeitswirksamen Selbstdarstellung und dem Produzieren von Worthülsen in den Hintergrund. Das gesellschaftliche Problem bei diesem sehr reduzierten Verständnis von politischem Talent ist, dass die anscheinend wesentlichen Eigenschaften, die bei genauerer Betrachtung übrig bleiben, in ganz besonderem Maße auf jene Politiker zutreffen, die sich beispielweise seit Jahrzenten als oft charismatische Alleinherrscher in gewissen Ländern gehalten haben.

Wie wär’s mit Demokratie- und Verfassungsbewusstsein als Maßstab für Talent

Es wäre daher schön, wenn der Begriff „politisches Talent“ primär wenigstens mit einer besonderen Affinität zur Demokratie und ganz bewusst mit Verzicht auf dumpfen Populismus verbunden wäre. Allein die immer noch währenden medialen Diskussionen und öffentlichen Sorgen um die Zukunft des armen, bei „menschlichen Fehlern“ ertappten ex-Ministers lassen mich vor dem Hintergrund des politischen und gesellschaftlichen Umgangs mit Millionen tatsächlich perspektivloser Hartz IV Empfänger und Aufstocker schaudern. Das hat nichts mit Sozialneid zu tun, dieser Begriff taugt in diesem Zusammenhang als beliebtes Totschlagargument nicht. Denn langsam sollte sowohl das Volk als auch die Politik sich wieder daran erinnern, dass es – zumindest nach unserer offensichtlich bei Vielen inzwischen belanglosen Verfassung - die Aufgabe der zur Zeit noch frei gewählten Politiker ist, für das Wohl der Bürger zu arbeiten und nicht umgekehrt. Letztendlich ist in einer freien Gesellschaft jener Mensch ein besonderes politisches Talent, dem es gelingt, den ihm durch die Verfassung aufgegebenen Job tatsächlich zu erfüllen. Allein die zahlreichen Verfassungsgerichtsurteile zeigen, dass solche politischen Talente inzwischen sehr rar geworden sind.

Mit besonders talentierten Grüßen

Ihr

Wolfgang Schwerdt

Dienstag, 1. März 2011

Zu Guttenberg zwischen Mythos und Märtyrer

Der heldenhafte ex-Minister und das Opfer seines Herzblutes

Zu spät meinen Viele, ist der Politiker zu Guttenberg nicht nur vom Amt des Verteidigungsministers zurückgetreten. Und nun, so die Meinung vieler seiner Getreuen, müsse Schluss mit der Diskussion um das arme Opfer medialer Verfolgung sein, als das er sich, seiner Rede nach zu urteilen, auch selbst sieht.

Selbst in seiner Rücktrittsrede kommt zu Guttenberg nicht ohne große verbale Gesten aus. So erteilt er, einem Messias gleich, seinen Gegnern beinahe die Absolution. Jenen, die ihn nach heldenhaftem Kampf nun doch zur Strecke gebracht und ihm damit sein Lieblingsspielzeug - das in seinem Herzensblut geradezu ertränkte Militär - abgerungen haben. Ganz auf sich und sein Sendungsbewusstsein fokussiert, macht sich der bislang unwidersprochen als Betrüger charakterisierte Mensch zu Guttenberg zwischen den Zeilen zum Märtyrer, ohne auch nur ansatzweise Einsicht in das der von ihm zu verantwortenden Affäre zugrundeliegende Problem zu zeigen.

Guttenberg ist „weg“, die Affäre noch längst nicht.

Wer immer die Angelegenheit nach dem viel zu späten Rücktritt des Politikers für erledigt hält, nimmt die Person zu Guttenberg viel zu wichtig und wird sicherlich zukünftig dazu beitragen, aus einem möglicherweise schlichten Betrüger einen mythisch verklärten Helden zu machen. Dabei stellen sich unabhängig von aber am Beispiel des zu Guttenberg eine Reihe gesellschaftlich außerordentlich wichtiger Fragen, die, nachdem der Zugriff der guttenbergschen Heerscharen auf Nebelbomben nun erschwert ist, endlich beantwortet werden müssen.
So ist es für die Einschätzung unseres demokratischen Status sehr wichtig, herauszufinden, wie viel kriminelle Energie beispielsweise aufzuwenden ist, um die wissenschaftlichen (aber auch die anderen demokratischen) Kontrollstrukturen außer Kraft zu setzen. Es muss ebenfalls herausgefunden werden, wie viel kriminelle Energie bei der politischen Mittäterschaft zur Strafvereitelung in einer Demokratie erforderlich ist.

Guttenberg ist kein menschliches, sondern ein demokratisches Problem

Vor allem aber gilt es zu lernen und Schlussfolgerungen zu ziehen. Wie kommt es, dass offensichtlich in weiten Kreisen der Bevölkerung ebenfalls nur noch wenig Unrechtsbewusstsein vorhanden ist. Wie kommt es, dass das öffentliche Bekenntnis zu „Schummeleien“ (Abschreiben, kleiner Versicherungsbetrug, ein bisschen geistiger Diebstahl hier, eine kleine Lüge da, ein wenig Steuerhinterziehung, Schwarzarbeit etc.) schon zur Selbstverständlichkeit geworden ist. Zweifellos gibt die Politik für solche „Verfehlungen“ genügend Beispiele. Dies aber lediglich auf die menschliche Ebene zu schieben, bedeutet, die Demokratie nicht ernst zu nehmen.

Politische Legitimation auf dem Prüfstand

Wir haben auf der einen Seite einen massiven politischen und moralischen Einfluss einer Zeitung, die sich an die Zielgruppe der sogenannten „bildungsfernen Schichten“ wendet. Wir haben mit rund 7,5 Millionen Menschen eine erschreckend hohe Zahl von An- und Halbalphabeten. Wir haben inzwischen eine Wahlbeteiligung, aus der sich nur noch unter größter Interpretationsfreiheit eine politische Legitimation für wen auch immer ableiten lässt. Wir haben eine Politik, für die Macht und Wirtschaft vor Moral, Gesellschaft und Menschen geht. Wir haben eine handfeste demokratische Krise, die sich zu verkörpern, Herr zu Guttenberg geradezu aufgedrängt hat, vor deren Hintergrund und Ausmaß er als Person jedoch so unwichtig wie nur irgendetwas ist.

Das Zeitalter der segmentierten Gesellschaften

Der Rücktritt des Freiherrn ist dabei noch längst kein Sieg der Demokratie, wie so oft behauptet, wohl aber ein Ergebnis neuer zukunftsträchtiger technologisch-gesellschaftlicher Strukturen, die allein deshalb von demokratischen Gesellschaftsstrukturen noch weit entfernt sind, weil aus ganz unterschiedlichen, aber auch politisch zu verantwortenden Gründen, nur relativ wenig Menschen in unserer Gesellschaft faktisch daran teilhaben können. Die social networks des Internets sind dabei ein inzwischen sehr mächtiger Teil, aber eben nur ein Teil unserer in hohem Grade segmentierten Gesellschaft in der inzwischen auch die politische Klasse nur noch ein Segment darstellt. Dass dies nicht nur für Deutschland gilt, zeigt sich an den aktuellen weltweiten Ereignissen. Diese sozialen web- Netzwerke haben ein gewaltiges Demokratiepotential. Zum Instrument der Demokratie werden sie aber erst, wenn die bildungspolitischen und materiellen Voraussetzungen zur selbstbestimmten Internetteilhabe für Jedermann gelegt werden.

Mit demokratisch hoffnungsvollen Grüßen

Ihr

Wolfgang Schwerdt

Donnerstag, 24. Februar 2011

Sind wir nicht alle ein bischen Guttenberg?

Zum neuen Outfit des Gastkommentators

Mit dem Untertitel "wer sind Deutschland" hat der
Gastkommentator nun auf die veränderten gesellschaftlichen Verhältnisse in unserer Republik reagiert. Auch wenn von der politischen Klasse vor allem als Ablenkung genutzt, hat die Guttenberg-Affäre den Kommentatorenblick für die Zusammenhänge zwischen den hier ebenfalls kommentierten anderen politischen Ereignissen geschärft.

Das eher zynische und mathematisch-statistisch-mechanistische "Gesellschaftsbild" der politischen Klasse ist im Rahmen der Hartz IV- Kommentare immer wieder aufgegriffen worden. Auch die herrschaftliche Vorstellung von der mentalen und moralischen Verfassung des Fußvolkes wird sowohl im Hartz IV- Skandal als auch in der Guttenberg-Affäre deutlich.
Und bei genauem Hinsehen fließen nun die scheinbar unabhängigen politischen Felder (fast hätte ich Fehler geschrieben) Hartz IV und Rechtsverständnis in der von Plagiator zu Guttenberg und seiner christlich-konservativen politischen Familie beabsichtigten Militärreform zusammen.

Jobcenter als Rekrutierungsbüros

Während die christlich-soziale Familienstruktur mit einer eigentlich überflüssigen Anzeigenkampagne zur Gewinnung von Rekruten in der BILD eine Schuld gegenüber dem Verlagshaus abzutragen scheint, lässt sich die drohende Rekrutenknappheit nun sehr einfach über die längst im SGB II festgelegte Zwangsarbeit ausgleichen. Ausreichend junge, wehrpflichtige Menschen, die gesetzlich dazu verdonnert sind, jeden "zumutbaren" Job anzunehmen, stehen dann nicht mehr nur der politisch gewollten Dumping-Zeitarbeit "freiwillig" zur Verfügung, sondern auch dem Militär. Getreu dem natürlich nur im übertragenen Sinne auch für einen plagiierenden Militärshowmaster geltenden Grundsatz "Hauptsache Arbeit".

Nachhaltigkeit beim Soldatennachschub

Dadurch, dass seit Jahren lediglich von Bildungspolitik und notwendigen strukturellen Veränderungen im Bildungswesen geredet, aber nicht gehandelt wird, ist für Soldatennachschub aus den Ressourcen der entsprechend nachproduzierten unqualifizierten Langzeitarbeitslosen außerordentlich nachhaltig gesorgt. Nun wird auch die sogenannte Hartz IV-Reform der Frau von der Leyen verständlich - Adel verpflichtet.

Wer zum Teufel sind Deutschland?

Vor diesen Hintergründen hat sich nunmehr die Frage entwickelt: "wer sind eigentlich Deutschland".
Klar, wir sind das Volk, aber wer zum Teufel sind Deutschland. Wer ist gemeint, wenn beispielsweise behauptet wird, dass bestimmte politische Entscheidungen wichtig für Deutschland oder gut für unser Land - alternativlos ja sowieso - seien. Das muss nicht immer gelogen sein, vorausgesetzt, die Transferleistungsempfänger der vereinigten politischen Klasse verraten endlich, wer jeweils gemeint ist.

Mit zusammenhängenden Grüßen

Ihr

Wolfgang Schwerdt

Mittwoch, 23. Februar 2011

Zu Guttenberg als leuchtendes Beispiel für politische Leistung?

Wovon reden die eigentlich? - Eine Spurensuche

Nein, ich werde hier nicht in den Reigen Jener einstimmen, die zu Guttenberg von vornherein Leistungen absprechen, nur weil er mal einen Fehler gemacht hat. Schließlich ist Ehrlichkeit eines der höchsten Güter für unsere Volksseele – sei sie nun real oder nur gut gespielt. Und ehrlich gesagt, mir ist die besondere politische Leistung des Herrn zu Guttenberg schlichtweg nicht so richtig präsent – wie sollte ich sie ihm da absprechen.

Ja, auch für die Politik gilt: wer etwas leistet, sollte auch Fehler machen dürfen. Und deshalb werde ich bei meiner Spurensuche nicht auf die vielen Missverständnisse und von der Opposition begierig aufgegriffenen Kommunikationsprobleme abheben, sondern versuchen, herauszufinden, worin Guttenbergs politischen Leistungen im positiven Sinne und in Zusammenhang mit seinem Amt bestehen. Dies erscheint mir für eine ernsthafte Bewertung der Frage, warum der Verteidigungsminister seine als „wissenschaftlichen Fehler“ bezeichnete, unbeabsichtigte Raubkopiepatchwork karrieretechnisch wahrscheinlich unbeschadet überstehen wird, durchaus wichtig.

Suche, Fehler und Respekt

Der nichtgeneigte Leser möge mir verzeihen, wenn mir bei der Suche nach Leistungsfragmenten wirklich unbeabsichtigte Fehler unterlaufen aber immerhin steht mir kein gewaltiger, steuerfinanzierter Recherche- und Verwaltungsapparat zur Bewältigung meiner selbstgestellten Aufgabe, die ich neben Job und Familie erledigen muss, zur Verfügung. Insofern bin ich sehr dankbar für alle konkreten Hinweise auf zu Guttenbergs faktischen politischen Leistungen in seinem Amt, die ich übersehen haben könnte.
Meine erste Wahrnehmung des politischen zu Guttenberg war eine eloquente Erscheinung, eine seriöse und lockere Ausstrahlung und eine für einen Karrieristen recht unkonventionelle gegenströmige Positionierung bei der Opel-Affäre. Klar, als es um die Karriere ging hat ihn und sein Fähnchen die Strömung dann doch mitgerissen, aber ja, wenigstens der Versuch dem üblichen politischen Argument der Alternativlosigkeit zu widersprechen, hatte mir gehörigen Respekt vor der Person des zu Guttenberg abgerungen.

Leistungsbonus für die Zukunft?

Und was noch? Da wird sein Engagement (also seine publikumswirksamen Besuche) bei den Soldaten in Afghanistan, bei „seiner“ Truppe, als politische Leistung gewürdigt. Ist die persönliche Truppenbetreuungsshow eine politische Leistung, die zu den Aufgaben des Verteidigungsministers gehört? Ich bin mir da nicht so sicher, auch wenn das bei Soldaten und größeren Bevölkerungskreisen gut ankommt, und damit partei- und regierungspolitisch sehr wertvoll ist.
Und dann die Militärreform, mit der der Verteidigungsminister vom Parlament beauftragt wurde und die noch nicht einmal richtig begonnen hat. Ob zu Guttenberg bei der Umsetzung dieser Aufgabe tatsächlich eine gute politische und administrative Leistung abliefert, wird sich erst noch herausstellen. Das lässt sich seinem Leistungskonto beim besten Willen noch nicht gutschreiben.

Leistung und Wirkung

Und sonst? Da ich wie versprochen, nicht auf die Affären, Fehler und Missverständnisse eingehen möchte, die (von zu Guttenberg selbst eingestanden) bislang seine Amtszeit als Verteidigungsminister begleitet haben, bin ich hinsichtlich der Spuren seiner Leistungen im Amt bereits am Ende. Seine politische Leistung für das Überleben seiner Partei (auch das hat natürlich gewisse Verteidigungsaspekte), für die Veränderung des politischen Klimas, weg von einem bürgerlichen Demokratieverständnis ist nahezu unschätzbar. Und deshalb wage ich zu prognostizieren, dass zu Guttenberg eines Tages Bundeskanzler werden wird.
Und wir sollten uns alle nicht wundern, wenn eines Tages ganz demokratisch eine Verfassungsänderung hin zum repräsentativen Königtum nach dem Muster Schweden, Großbritannien oder Dänemark mit Hinweis auf die politischen Leistungen von zu Guttenberg ernsthaft diskutiert wird.

Mit royalen Verteidigungsgrüßen

Ihr

Wolfgang Schwerdt

Dienstag, 22. Februar 2011

Hartz IV – das Ringen um Selbstzufriedenheit

SchLeyertanz mit Sozialrevolutionären, ein Bericht aus fernen Welten

Während Dr. zu Guttenberg seine Dissertation – möglicherweise erstmals in Gänze - gelesen hat, haben andere Gladiatoren der politischen Klasse hart über die „Reform“ von Hartz IV gerungen. Der Doktor brauchte zur Kenntnisnahme seiner siebenjährigen Arbeit von über 400 Seiten und rund 1200 Fußnoten gerade einmal ein Wochenende, um das Desaster zu erkennen.

Die Hartz IV-Gladiatoren hatten für das Zustandekommen ihrer genialen Kompromissreform immerhin Monate benötigt. Dass sie es – im Gegensatz zu Dr. Guttenberg – in dieser langen Zeit ganz offensichtlich nicht geschafft haben, sich mit dem Gegenstand ihres Ringens, dem SGB II, seinen Folgen für die von der Umsetzung betroffenen Menschen und den Anforderungen des Verfassungsgerichtes auseinanderzusetzen, muss nur auf den ersten Blick verwundern.

Alle Beteiligten zufrieden – es lebe der Unterschied zwischen Beteiligten und Betroffenen

Denn Dr. zu Guttenberg hatte inzwischen ein echtes Problem mit seiner Dissertation. Und nach dem Muster „von den Eidechsen lernen“, hat er nun versucht, seinen Problemschwanz – also den Doktortitel – abzuwerfen, um seine Fressfeinde abzuschütteln und sein (politisches) Leben zu retten. Die Hartz IV-GladiatorInnen mussten ihre Schwänze nur einziehen und schon war ein für Alle guter Kompromiss gefunden.
Dr. zu Guttenberg muss nun lernen, dass er – trotz seiner Geschmeidigkeit – doch keine Eidechse ist, er kann seinen Schwanz nicht einfach abwerfen, der muss amputiert werden.
Bei den Sozialringern sieht das anders aus, denn das Ergebnis zeigt: es ging gar nicht um eine Reform, sondern um die Aufrechterhaltung des Status quo unter Wahrung des Gesichts aller Beteiligten. Es ist kein Geheimnis, dass zu den Beteiligten natürlich nicht die Betroffenen gehören, und so ist tatsächlich wie die Leyenmutter verkündete ein Ergebnis erzielt worden, mit dem Alle Beteiligten zufrieden sein können.

SPD, die Mutter der sozialen Revolution

Da wäre zunächst die SPD - ein Elternteil des Diskriminierungs- und Ausgrenzungsgesetzes - die nun mit aller sozialen Kompetenz und unter massivstem Einsatz für die mitverantworteten Ärmsten der Armen geradezu revolutionären Widerstand gegen das asoziale Leyenprogramm versprach. Nun, die geplante Leyenerhöhung des Regelsatzes bleibt unangetastet, mögliche Steigerungen auf ein erfahrungsgemäß immer wieder zurücknehmbares Später verlagert. Einigung auf die Einführung von Mindestlöhnen in bestimmten Branchen – ob die arbeitenden Menschen davon am Ende werden leben können? Immerhin, die Strukturen der Zeitarbeit in Verbindung mit dem Quasi-Arbeitsdienst über Hartz IV sind das Problem, die Dumpinglöhne das Ergebnis. Statt Strukturen zu ändern, legt man lieber die Dumpinglöhne fest – welch eine soziale Reform. Die ehemalige Schröder-SPD ist sich auch als Oppositionspartei hinsichtlich ihrer sozialen Kompetenz treu geblieben. Und nun ist sie zufrieden, dass es ihr gelungen ist, die zwingende Neuberechnung und Erhöhung der Regelsätze zugunsten ihrer Ideologie der gesetzlichen Festschreibung von Dumpinglöhnen zu verkaufen.

Hartz IV- Reform - ein echter Deal unter Dealern

Und auch die CDU hat einen ideologischen Sieg errungen. Getreu dem Motto „wer – warum auch immer – nicht abhängig arbeitet, soll auch nicht essen“, sind die Regelsätze geblieben, wo sie nach Auffassung der selbsternannten Leistungsträgerloge hingehören. Erkauft hatte man sich diesen ideologischen Sieg mit ein paar Millionen für die Bildung von Kindern Ärmster Menschen (nicht für arme Kinder, denn die Armut der Kinder definiert sich praktisch und auch gesetzlich über die Armut der Eltern). Und diese paar Millionen Manövriermasse waren durch die Ausgabenstreichungen bei der Hartz IV-Reform, über die so gar nicht geredet wird – ich verweise da nur auf den Wegfall der Übernahme Rentenversicherungsbeiträge und die Pauschalierung der Leistungen für Unterkunft und Heizung – problemlos drin.

Der SchLeyertanz der politischen Klasse

Bereits die erste Gesetzesvorlage und die politische Auseinandersetzung einschließlich der Aufregung der Opposition war ein politisch hervorragend choreographierter SchLeyertanz, bei dem die Leyenmutter führte und sich die SPD geschmeidig fügte. Sein Gewissen hat dabei natürlich niemand verkauft, das gibt es ohnehin immer kostenlos dazu.

Mit geschmeidigen Grüßen

Ihr

Wolfgang Schwerdt

Montag, 21. Februar 2011

Zu Guttenberg und die Fehler der Mächtigen

Zwischen Recht und Staat

Jeder Mensch macht mal Fehler. Und Politiker sind doch auch nur Menschen. Fehler im Bereich der Wissenschaft haben doch mit der Politik nichts zu tun. Und dann sollte man nicht vergessen, der Verteidigungsminister hat schon so viel geleistet, 100 Stunden pro Woche arbeitet er, da unterlaufen schon mal Fehler. Kernaussage der Verteidiger des Verteidigungsministers: diese Fehler müssen einfach verziehen werden, alles andere ist Treibjagd, initiiert von Neidern.

Diese Grundhaltung bezieht sich allerdings nur auf die Mitglieder der Mächtigen in Politik und Wirtschaft. Da Menschelt es, wenn jemand Steuern hinterzieht, verschwendet oder schwarze Parteikassen anlegt. Informationen zurückhalten, Fehlinformationen streuen, Falschaussagen treffen und sehr Vieles mehr - in den Kreisen der Macht lediglich Fehler.

Für den einen sind es Fehler . . .

Schauen wir noch einmal genauer hin. Nimmt man die Mächtigen dieser Gesellschaft einmal aus, führen -ob beabsichtigt oder nicht - Fehler von Normalsterblichen immer dann, wenn daraus Verstöße gegen geltendes Recht, oder Schäden für andere entstehen, zu juristischen und persönlichen Konsequenzen. Da gibt es klare Regeln und niemand kann sich darauf zurückziehen, dass er an anderer Stelle viel geleistet habe, oder dass dieser "Fehler" ja mit dem gegenwärtigen Beruf des Delinquenten nichts zu tun habe. Nein, die zuständigen staatlichen Instanzen betreiben zur Aufklärung solcher "Fehler", die je nach Art und Schwere korrekt mit Begriffen wie Verstoß, Ordnungswidrigkeit, Betrug, kriminelle Handlung, Verbrechen etc. bezeichnet werden, Verfahren. Nach den für sich in Anspruch genommenen Maßstäben der Mächtigen muss man das dann wohl als "Treibjagden" auf fehlerhafte Bürger bezeichnen. In der für das Volk organisierten Welt nennt sich das Rechtsstaat.
In diesem Sinne ist - wegen der Unschuldsvermutung vor dem Abschluss eines rechtsstaatlichen Verfahrens - im Falle des zu Guttenberg von einem Anfangsverdacht und einem mutmaßlichen Täter auszugehen. Übrigens spielt die Frage, wer einen Fehler aus welcher Motivation heraus entdeckt und zur Kenntnis gebracht hat für die Bewertung des Fehlers grundsätzlich keine Rolle. Ein Vergehen, Verbrechen oder anderer Verstoß gegen geltendes Recht und Gesetz ist nicht deshalb weniger schlimm, weil derjenige, der es aufgedeckt hat, den Delinquenten nicht leiden kann, ihm seinen Erfolg neidet, oder an seinem Stuhl sägen möchte.

Rechtsstaat oder Selbstgerechtigkeit


Der Sachverhalt in zu Guttenbergs Fall ist eigentlich klar. Der Doktorand hat eine Dissertation abgegeben, in der, ob bewusst oder nicht, geistiger Diebstahl praktiziert wurde. Völlig unklar hingegen ist - wie bei allen anderen Mächtigen, die Fehler eingestanden haben - bei zu Guttenberg, worin der eingestandene Fehler eigentlich bestanden haben soll. Dazu gab es bislang noch keine konkrete Aussage. Es drängt sich immer wieder der Eindruck auf, dass die Herrschaften den Fehler darin sehen, dass sie sich haben erwischen lassen, von einem Unrechtsbewusstsein (und damit eben auch Rechtsbewusstsein) keine Spur. Stattdessen eine zerknirschte Entschuldigung, also eine Selbstfreisprechung von Schuld, das "Ruhen lassen" seines Titels obwohl er über diesem eben nicht Verfügen kann, weil der nur verliehen ist. Aber Eigentumsfragen stellen sich "da Oben" eben ein wenig anders.

Treibjagd auf Guttenberg - nur ein Fehler

Das Ergebnis dieses Selbstverständnisses in der politischen Klasse, die sich beileibe nicht auf zu Guttenberg und sein ihm wohlgesonnenes Umfeld beschränkt, ist Politikverdrossenheit. Ohne jeden Zweifel ist das auch Anlass für sinnlose und verletzende Häme vieler ohnmächtiger Bürger gegenüber den Mächtigen mit ihrer allein durch den Begriff Fehler zur Schau gestellten Selbstgerechtigkeit und demokratischen Realitätsferne.
Aber auch, wenn die teilweise sehr persönlichen und hämischen, oft geradezu lustvollen Tiefschläge gegen die Person zu Guttenberg zweifellos Fehler darstellen, wer will sich ernsthaft darüber aufregen - Bürger sind doch auch nur Menschen. Und wenn sich davon jemand betroffen fühlt, dann kann man sich ja immer noch entschuldigen.

Mit wahrscheinlich fehlerhaften Grüßen, für die ich mich auch gleich entschuldige

Ihr

Wolfgang Schwerdt