Freitag, 26. Juni 2009

Wahlkampf der Aliens

Der Kanzlerkandidat vom anderen Stern

Wenn Herr Steinmeier, seines Zeichens Kanzlerkandidat der SPD, sich über die Gründe des schlechten Abschneidens seiner Person und seiner Partei in der Bevölkerung auslässt, dann vergisst er dass es für „Fremde“ schon immer schwierig war, in unserem Land Fuß zu fassen. Und wenn er dann bei seinen öffentlichen Auftritten noch deutlich macht, dass er nicht einmal Ausländer ist, sondern von einem anderen Stern kommt, braucht er sich über mangelnde Akzeptanz nicht zu wundern.
Als Kind, so wird er nicht müde, zu betonen, kam er aus ärmlichen Verhältnissen. Und deshalb, so behauptet er, kenne er die Probleme der heutigen Hartz IVler. Vater hat hart gearbeitet, Mutter hat hart gearbeitet, Sohn hat studiert und Karriere in der politischen Welt des öffentlichen Dienstes gemacht. Konsequenterweise hat er auch vor allem Öffentliches Recht und dann auch Politikwissenschaften studiert, wohl um selbst auch etwas von der realen Welt mitzubekommen, über die er und seine Kollegen so selbstgerecht mit der Agenda 2010 verfügen.

Hauptsache Arbeit
Sein Motto und Prinzip: Hauptsache Arbeit. Und mit diesem Wahlspruch geht der Mann vom anderen Stern beim Wahlvolk hausieren, verweist stolz auf die Erfolge bei der Senkung der Arbeitslosenzahlen durch die Agenda 2010, ohne zu begreifen, dass für die Menschen dieses Planeten und dieser Zeit, Arbeit (glücklicherweise) kein Selbstzweck ist. Es geht um Arbeit, die den Menschen Teilhabe an der Gesellschaft ermöglicht (das ist das, was sich hinter dem Begriff Leben verbirgt), Arbeit, die den Menschen und ihren Kindern eben jene Perspektiven eröffnet, die beispielsweise Herr Steinmeier durch die Arbeit seiner Eltern genossen hat. Genau diese Art von Arbeit und damit die Chance auf Lebensperspektiven von Millionen von Menschen hat die Agenda 2010 mehr und mehr zerstört und durch Millionen wirtschaftlich und gesellschaftlich perspektivloser Billig- Mini- Teilzeitjobs ersetzt. Es hätte durchaus intelligentere, menschenorientiertere Konzepte gegeben, aber natürlich nicht auf der Basis konservativen öffentlichen Rechts.
Arbeit um der Arbeit Willen, vielleicht, damit die Menschen nicht auf dumme Gedanken kommen? Arbeitsdienst ick hör Dir Trapsen.

Kein Geld für Strukturwandel (was ist das wohl?)

Nein, man darf Herrn Steinmeier die Absicht der Installierung eines Arbeitsdienstes nicht unterstellen, unabhängig davon, ob es in der Verwaltungswirklichkeit darauf hinausläuft, schließlich ist er ja tatsächlich Sozialdemokrat durch und durch. Deshalb ja auch das geradezu zwanghafte Festhalten an der Industrie, egal, ob zukunftsträchtig oder subventionsbedürftig, denn die Industrie ist die Mutter der Sozialdemokratie. Für das Konservieren überholter Industriestrukturen hat die Agenda 2010 die Voraussetzungen geschaffen. Als guter Sozialdemokrat wusste Steinmeier ja um die Krisenhaftigkeit des Kapitalismus und die bei den „Hartz IVlern“ eingesparten Mittel können nun in die privilegierten Opel-Arbeitsplätze und natürlich in das nicht funktionierende Bankensystem investiert werden. Für alle anderen gibt es ja noch Hartz IV.
Arbeit als Selbstzweck: vielleicht könnte sich Herr Steinmeier ja auf eine Zeitreise begeben und als Berater für die Antiken Staaten verdingen. Mit der Ideologie, dass Arbeit besser sei, als nicht Arbeit, auch wenn man von seiner Arbeit nicht leben kann oder sogar daran zugrunde geht, hätte er vielleicht, untermauert durch unqualifizierte Statistiken, die Sklaven überzeugen können.

Mit arbeitsamen Grüßen vom Planeten Erde

Ihr

Wolfgang Schwerdt

Montag, 8. Juni 2009

Die beispiellose Offensive des Werra-Meißner-Kreises


oder wie sich Nordhessen selbst feiern

Unter der Überschrift „Jetzt tut sich richtig was!“ feiert der nordhessische ExtraTip eine offensichtlich teure bundesweite Plakataktion, die die Menschen aus Deutschland dazu bewegen sollen, in den aussterbenden Werra-Meißner-Kreis zu ziehen. Und der Redaktionsleiter setzt in seinem Kommentar „Schluss mit höflicher Bescheidenheit“ noch einen drauf. Den Menschen, so das unglaublich kreative Konzept der Kampagne, soll gezeigt werden, dass es sich in einer Region wie dem Werra-Meißner-Kreis, also umgeben von wunderschöner Natur, mehr lohnt, zu leben, als in der stressigen und anonymen Großstadt.
Ja, dass Natur Lebensqualität bedeutet, das muss den Bundesbürgern unbedingt einmal gesagt werden, von allein kommt ja niemand darauf. Hier zeigt sich wieder einmal die geballte intellektuelle und kreative Kraft, die sich aus dem ewigen Zusammenspiel von Provinzpolitikern, Provinzblättchen, Provinzverbänden aus Wirtschaft und Tourismus und Provinzgeldinstituten generieren lässt.
Qualifizierte Arbeitsplätze in der Region –Fehlanzeige. Zusammenarbeit der Gemeinden und Kommunen im Interesse der Bürger – Fehlanzeige. Qualifizierte, professionelle regional koordinierte Tourismus- Marketing- und Öffentlichkeitsarbeit mit überregionaler Ausrichtung – Fehlanzeige. Qualifizierte Arbeitsmarktprojekte in der Region – Fehlanzeige. Und auch die Kreativität des gefeierten 50+ Programmes beschränkt sich im Wesentlichen auf bunt Bedrucktes.
Stattdessen als Marketing verkaufte Werbung –vor allem wohl für die wahlkämpfenden Provinzpolitiker- in die sich auch der neue Tourismusprospekt eingliedert, den sich die auswärtigen Deutschen über das Internet bestellen, oder in den hiesigen, gut versteckten und schlecht ausgestatteten Tourismusinformationen ja auch selbst abholen können. Auch dieser Prospekt natürlich großartig und im Wesentlichen von dem gleichen Personenkreis gefeiert, der sich selbstverständlich in gewissen Teilen auch über das von den Verantwortlichen ein wenig flapsig organisierte, aber mit tollen Werbeflyern ausgestattete Römerspektakel in Hedemünden darzustellen wusste.
Mit Werbung wird man die im Landkreis selbst produzierten und immer wieder reproduzierten Probleme sicher nicht lösen. Man kann aber versuchen, sie zu verheimlichen, wie das Beispiel des Römer-Events zeigt. So hat der Extra-Tip im Bericht über das hedemündener Spektakel am vergangenen Wochenende, zu dem auch der Nachbau des römischen Schiffes „Victoria“ herangekarrt worden war, mit einem getürktem Bild untermauert geschrieben, dass mehrere Ruderer gebraucht wurden, um das Schiff in Fahrt zu bringen. Abgesehen davon, dass auch diese Feststellung zeigt, welches intellektuelle Niveau den Lesern unterstellt wird (wäre ja sonst niemand darauf gekommen, dass man für den Antrieb eines Ruderschiffes Ruderer benötigt), konnte das Schiff tatsächlich gar nicht in Fahrt gebracht werden, die Wassertiefe an dieser Stelle reichte zum Manövrieren nicht aus. Aber die Werbung hatte ja versprochen, dass die Besucher mit dem Schiff auf der Werra ihre Runden drehen könnten und der Bericht hatte das natürlich bestätigen müssen.

Die "Victoria", fest vertäut "in Fahrt" gebracht. Foto Wolfgang Schwerdt


Webnews

Montag, 1. Juni 2009

Zu Guttenberg - der Herrmann der CSU

Eine Frage der Ehre

Hurra, Deutschland hat wieder einen Helden und dann auch noch einen Adligen. Tatsächlich scheint es heutzutage heldenhaft zu sein, bis zum Letzten –also der Androhung, persönliche Konsequenzen zu ziehen- auf etwas eigentlich Selbstverständliches hinzuweisen. Denn was ist denn wirklich geschehen?
Die Koalition, allen voran Frau Merkel hatte aus unverhohlenem politischem Machterhaltungsinteresse eine in jedem Fall milliardenschwere Opellösung zu Lasten der Steuerzahler ohne jede nachvollziehbare wirtschaftliche Grundlage durchgesetzt. Juristisch gesehen und in Fällen ohne politische Relevanz sicherlich als Beihilfe zur Insolvenzverschleppung zu bezeichnen.
Zu Guttenberg hat auf das hingewiesen, was gesetzlich eigentlich zwingend wäre: eine geordnete Insolvenz. Dieses Verfahren bedeutet nämlich eine echte wirtschaftliche Bestandsaufnahme einschließlich der Analyse der Zukunftsperspektiven und des tatsächlichen Finanzierungsbedarfs für eine Konsolidierung: Und vor allem wäre eine genaue Definition dessen, was Opel als Unternehmen eigentlich ist, notwendig geworden. Kurz und gut, ein Insolvenzverfahren dient letztendlich dazu, die Daten zu erheben, deren Kenntnis für eine Entscheidung, wie sie nun politisch gefallen ist, eigentlich zwingende Voraussetzung gewesen wäre.
Nun, die Regierung hatte sich für die politische Lösung entschieden, Bundeskanzlerin Merkel drückte das so aus „Für mich war entscheidend, auch bei dem, was ich beschlossen habe, dass die Risiken einer Alternative für mich politisch absolut nicht verantwortbar sind“. Im Klartext, es geht gar nicht um die langfristige wirtschaftliche Tragfähigkeit des Opel-Konzeptes, sondern um die Tatsache, dass eine wirtschaftliche Alternative für Frau Merkel politisch problematisch geworden wäre.
Was nun für einen echten Helden bliebe, wäre der Gang zum Gericht und eine Anzeige gegen Merkel & Co wegen Beihilfe zur Insolvenzverschleppung, gegen alle an der „Lösung“ Beteiligten wegen Verschwörung zu kriminellen Handlungen und im Übrigen noch wegen Veruntreuung von Steuergeldern. Stattdessen macht der von der CSU gefeierte Held nun einfach selbst bei diesem Spiel mit. Vielleicht ist zu Guttenberg doch noch zu jung, um einen ordentlichen politischen Helden abzugeben.


Webnews