Diskussion um eine längst überfällige Diskussion
Wenn ein
Spitzenpolitiker – ob nun erster, zweiter oder dritter Garde – mal eine
unglückliche Formulierung wählt, um eine längst überfällige Diskussion
anzustoßen, dann geht sofort ein Aufschrei durch die Medienwelt. Wenn eine
Medienschaffende über einen in Form und Zeitpunkt verunglückten Betroffenheits-Sach-Artikel-Kommentar-Report
eine längst überfällige Diskussion anstoßen möchte, dann werden sofort
unlautere Motive unterstellt. Dabei wird doch eigentlich nur immer ein wenig
polarisiert – selbstverständlich nur um eine längst überfällige Diskussion
anzustoßen.
Dieses Polarisieren, das auf die Spitze treiben, das ist
eigentlich die Domäne der Satire und tatsächlich hat zumindest die jeweils
folgende längst überfällige Diskussion starke realsatirische Elemente. Nur
eines darf ich hier sicherlich festhalten: Diejenigen, die die längst
überfälligen Diskussionen jeweils anstoßen, sind – mit ganz wenigen Ausnahmen -
bedauerlicherweise keine Satiriker, eher Zyniker, meist Opportunisten. Und
genau deshalb verunglücken auch so viele der Anstöße von längst überfälligen
Diskussionen und deshalb fallen die jeweiligen längst überfälligen Diskussionen
immer wieder den üblichen schon immer überflüssigen Diskussionen zum Opfer.
Politikeraussagen
nicht immer gleich so ernst nehmen . . .
Apropos Opfer. Die längst überfällige Sexismusdebatte ist
inzwischen ja hinfällig geworden, nun hat ein gewisser hessischer Oberintegrator
die längst überfällige Rassismusdebatte eingeläutet. Mit einer natürlich
unglücklichen Formulierung über das Gesicht seines Parteivorsitzenden wollte er
auf den latenten Rassismus in unserer Gesellschaft aufmerksam machen.
Selbstverständlich ging es dem wackeren Kämpfer für den Liberalismus nicht um die
innerparteilichen Personaldebatten oder den Bundetagswahlkampf. Dass bei seiner
Bemerkung genau diese Aspekte im Mittelpunkt seiner Äußerung steht . . . mein
Gott, der Mann ist Politiker, da formuliert man schon mal so, wie man es eigentlich
gar nicht gemeint hat. Und selbstverständlich wählt man einen Zeitpunkt, den
man so gar nicht wählen wollte und natürlich stellt man Zusammenhänge her, die
gar nicht beabsichtigt sind.
. . . denn sie wissen
nicht was sie sagen wollen
Nun macht sich der latent misstrauische Bürger natürlich
trotzdem so seine Gedanken, wenn beispielsweise ein Kanzlerkandidat nur mal so
anregen wollte, über das niedrige Einkommen des Regierungschefs zu plaudern.
Oder wenn da einer angesichts der schwärenden Diskussionen um einen
Parteivorsitzenden, dessen Gesichtszüge auf ihre wählerwirksame Eignung
hinterfragt. Dass auch noch gelegentlich Doktorarbeiten von Politikern nur bedingt
den wissenschaftlichen Anforderungen entsprechen, lässt schon irgendwie
nachdenklich werden. Dass Politiker immer weniger in der Lage zu sein scheinen,
das in eigene Worte zu fassen, was sie eigentlich sagen möchten, mag auch an
den Medien, an den politischen Gegnern, am Unverständnis des Volkes oder an anderen
externen Faktoren liegen. Wenn sich solche Geschichten allerdings häufen – wie es
derzeit der Fall zu sein scheint, können auch andere Gründe eine Rolle spielen.
Opfer geheimer
Arbeitsbeschaffungsprogramme
Zum Beispiel der mentale Zustand unserer Volksvertreter. Menschen,
die sich nicht auszudrücken verstehen, oder für die beispielsweise wissenschaftliche
Zitiervorgaben unverständlich sind, werden gemeinhin der Schicht der
Bildungsfernen zugeordnet. Sollten sich unsere Spitzenpolitiker inzwischen –
als repräsentativer Querschnitt unserer Gesellschaft als den sie sich
insbesondere hinsichtlich ihrer menschlichen Schwächen ja so gerne ausgeben - aus dieser Schicht rekrutieren? Sollte es etwa
ein geheimes Programm der Jobcenter
geben, bildungsferne HartzIVler, die ansonsten keine Chance auf dem
Arbeitsmarkt haben, mit einer neuen Vita auszustatten und – möglicherweise über
Zeitarbeitsfirmen – in die Politik zu vermitteln? Sind die Parteien vielleicht selbst
steuerfinanzierte Zeitarbeitsfirmen, deren Mitarbeiter in einer Art Verlosung,
also einer als Wahl bezeichneten innovativen Arbeitsvermittlung, rekrutiert
werden?
Längst überfällige
Diskussion angestoßen
Fragen über Fragen, mit denen ich völlig selbstlos eine
längst überfällige Diskussion anstoßen möchte – vielleicht über Bildung oder .
. . ach was, suchen sie sich einfach etwas Passendes aus. Wenn sich dadurch der
Traffic auf meine Seite und mein Bekanntheitsgrad erhöht, wenn ich damit zu
einer der quotenbringenden und honorarträchtigen Talkshows eingeladen werde und
damit meine Bücher zu Bestsellern werden, weil ich nun ja prominent bin, dann
war das natürlich überhaupt nicht beabsichtigt. Aber die Gefahr, mit meinen
Ausführungen karriereträchtig missverstanden zu werden, ist ohnehin gering.
Denn erstens bin ich kein Politiker, zweitens nicht bildungsfern genug – und ich
fürchte, meine Leser sind das auch nicht. Ach ja, und die Alien-Connection ist
ein Satireblog – falls sich doch einmal ein Bildungsferner hierher verirren
sollte ;-)
mit gepflegt missverständlichen Grüßen
Ihr
Prosaunist
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