Donnerstag, 12. Juli 2012

Theodor Althaus zu Gast beim Kommentator

Auszug aus dem Buch Ein Freiheitstanz, Hrsg. Renate Hupfeld  

Am Beispiel der seinerzeit Aufsehen erregenden Affäre des bayrischen Königs Ludwig I. mit der spanischen Tänzerin Lola Montez gibt Theodor Althaus ein Bild der Situation in Deutschland zur Zeit des Vormärz. In dieser Satire wird eine Bandbreite der Ungereimtheiten in den monarchischen Strukturen der Metternichära vorgeführt, wie das Mätressenwesen, verantwortungsloser Umgang mit der Macht und philisterhaftes Untertanendenken.


Naturgemäß kann es keinerlei Parallelen zu unserer heutigen politischen Verfassung geben, mein Gastkommentator Theodor Althaus hat die Geschichte einer schönen Tänzerin schließlich bereits 1847 geschrieben, da war an Merkel, ihre Hofschranzen und unsere heutige politische Klasse natürlich überhaupt noch nicht zu denken. Wenn dem Leser also irgendetwas bekannt vorkommt, so ist er selbst Schuld.

. . . "Wissen Sie, was ich tun will?“ Der alte Herr lachte laut auf. „In Spiritus will ich den bunten Beschluss setzen, als eine Missgeburt, als ein Chamäleon. Der Geist möchte sich sonst daraus verflüchtigen. Wo steht geschrieben, dass wir ewig Fastenzeit in Deutschland haben sollen – wisst Ihr etwa Canones oder Breve’s dafür anzuführen, in denen Ihr ja sonst so beschlagen seid? Aber selbst in den Fasten kann man doch Fisch essen, dies ist aber weder Fleisch noch Fisch, da muss man verhungern. Aber sagen Sie, steht nicht in der Naturgeschichte, dass die Chamäleons ein kurzes Leben haben? Haha! In Spiritus!“
Der Minister hatte sich während der Zeit rasch besonnen. Dass der alte Herr keine andern Zeitungen zu lesen bekam, als er selbst ihm gab, wusste er sicher, und obendrein hatte er die schlimmsten schon lange verboten. Also musste die Laune anderswo ihren Grund haben. Er beschloss, seinen Herrn recht ausreden zu lassen, um dahinter zu kommen, und sagte also bloß: „Die Rücksichten, welche gebieterisch verlangen, bei dem gegenwärtig so sehr umwölkten politischen Horizont …“
Das war aber die unglücklichste Phrase, auf die er hätte fallen können. „Was umwölkter Horizont!“, rief der alte Herr. „Haben Sie denn keine Augen? Sehn Sie doch heraus, hat wohl die Sonne seit dreißig Jahren so schön wie heute geschienen? Muss man sich nicht schämen, dass sie noch immer so viel verkrüppeltes und eingerostetes Zeug beleuchtet, während sie früher auf ganz
andre Leute in Deutschland geschienen hat? Sehn Sie mal hier den Kaiser Max an, wie frisch und wacker sieht der noch nach dreihundert Jahren in die Welt herein! Potz Rubens und Rembrandt, warum sollen w i r denn allesamt so alt und gelb sein? Ich versichre Ihnen, bei diesem schönen Wetter und diesen herrlichen Bildern fühle ich mich jung wie vor vierzig Jahren!“
Hier atmete der Minister auf. Ah, sagte er zu sich selbst, es ist also bloß eine Kunstlaune und weiter nichts! Weil er aber wusste, dass der Herr nichts auf seine Niederländer kommen ließ, ging er bloß auf das Wetter ein und sagte mit einem bedeutungsvollen Lächeln: Sie wollen doch nicht dem Wetter Einfluss auf die politischen Rücksichten, welche die Wohlfahrt unsres Landes und die obschwebenden Verhältnisse bestimmen, einräumen?“
„Warum nicht?“, sagte der alte Herr, indem er den Kopf in die Höhe warf und lustig aus dem Fenster blickte. „Hängt mein Wille nicht von meiner Stimmung ab? Und wenn die Sonne mir so frisch und hell wie lauter Mut und Kraft ins Herz scheint, muss sie da nicht alle alten staubigen Schlendriangedanken unsrer Politik heraus treiben? Gehn Sie, Sie verstehn das nicht, Sie sind niemals ein Poet gewesen!“ . . .


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