Montag, 25. Mai 2009

Die Verfassung der Physikerin

Demokratische Nachhilfe für den Bundespräsidenten

Irgendwie merkwürdig. Da ist Horst Köhler gerade in das höchste Amt im Staate wiedergewählt worden und schon wird der Repräsentat von Staat und Volk der Bundesrepublik Deutschland von der Bundeskanzlerin und den Vertretern von CSU, SPD und Grünen als politischer Schwachkopf qualifiziert. Anders ist die schroffe Ablehnung von Köhlers Vorschlag, den Bundespräsidenten zukünftig direkt wählen zu lassen, nicht zu verstehen.
Denn wenn der Bundespräsident nicht in der Lage ist, zu erkennen, dass die Direktwahl des Bundespräsidenten "die gesamte Statik des deutschen Staatsaufbaus massiv verändern würde" (Merkel), oder dass "das ganze Machtgefüge verschoben würde" (die Grünen), dann muss man doch wohl an der politischen Kompetenz des Bundespräsidenten zweifeln. Und nicht nur an seiner. Denn Köhler ist ja nicht der erste Präsident, dem das parteipolitische Machtgerangel um die Präsidentenkür so gar nicht staatstragend und amtswürdig erscheint. Richard von Weiszäcker und Johannes Rau hatten seinerzeit ebenfalls für eine Direktwahl plädiert.
Nun belehren Merkel & Co unsere höchsten Amtsinhaber, dass die Direktwahl des Bundespräsidenten zwangsläufig einen Machtzuwachs dieses Amtes zur Folge hätte, eine entsprechend notwendige Verfassungsänderung, so die parteipolitischen Demokratiespezialisten würde zu Veränderungen der Verhältnisse zwischen Bund und Ländern, Bundestag und Bundesrat und Kanzler und Präsidenten, letztendlich zu amerikanischen oder französischen Verhältnissen führen.
Vielleicht sind unsere Bundespräsidenten ja doch keine politischen Schwachköpfe sondern gewissenlose Machtmenschen, gar Revolutionäre - Verfassungsfeinde?? Dann müsste man allerdings eher am derzeitigen Wahlsystem als an einer Direktwahl zweifeln.
Mal ganz ehrlich, welchem Urteil kann man wohl in Fragen der Verfassung eher trauen. Dem eines Bundespräsidenten, dessen Aufgabe darin besteht, Staat, Volk und Verfassung zu repräsentieren und der wegen entsprechender Kompetenzen gewählt wurde (oder etwa nicht?) oder dem von Politikern, die in ihrer Amtszeit zahlreiche Gesetze zu verantworten haben, die nach höchstrichterlichen Entscheidungen nicht verfassungskonform sind und die sich grundsätzlich nicht vorstellen können, das Volk über irgendetwas entscheiden zu lassen.
Eines sei hier noch hinsichtlich der Verfassungsbedenken unserer Parteipolitiker angemerkt. Unsere Verfassung sieht eigentlich nicht vor, dass Parteien die Macht im Staate haben, sie sieht auch nicht vor, dass Parteien gewählt werden. Parteien dienen nach der Verfassung nur der politischen Meinungs- nicht der Regierungsbildung, Direktwahl hin, Direktwahl her.


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